Von Lüge und Wahrheit im medialen Dschungel der kolportierten Festnahme Saddam Husseins

von Dr. Ralph Kutza –  23.12.2003 (ergänzt 30.12.03)

Am 14.12.2003 brodelte ab ca. 10 Uhr Weltzeit die Gerüchteküche. Man habe vermutlich Saddam Hussein gefasst, endlich, acht Monate nach dem “Fall” Bagdads. Entsprechende Andeutungen gebe es seitens des irakischen Kurdenführers Dschalal Talabani, und auch die iranische Nachrichtenagentur IRNA habe dies bereits vermeldet. Zudem sei für den frühen Nachmittag vom US-Zivilverwalter für den Irak, Paul Bremer, eine wichtige Pressekonferenz anberaumt worden. Noch bevor diese begann, sagte dann schon der britische Premier Blair, man habe Saddam Hussein in Gewahrsam. Diese kaum zufälligen vorab kursierenden Gerüchte sorgten erfolgreich dafür, dass weltweit Medienvertreter, allen voran ungezählte Fernsehstationen, sich live auf diese Pressekonferenz aufschalteten. So sahen hunderte Millionen Menschen weltweit – wie gewünscht und ohne echte Chance, etwaige zugrundeliegende Manipulationen umgehend durchschauen zu können –  eine unglaubliche Propagandashow, die Paul Bremer mit seinen bereits zu besonderer “Berühmtheit” gelangten Worten begann: “ Ladies and gentlemenwe got him!” – “Meine Damen und Herren, wir haben ihn!”

Einige anwesende irakische “Journalisten” brachen sogleich in “spontanen” Jubel aus, der von Herzen zu kommen schien, die Zuschauer in aller Welt noch ein Stück weit mehr beeindruckte und ein skeptisches Nachfragen bei vielen gar nicht erst aufkommen ließ. Iraker müssen doch schließlich wissen, wie ihr früherer jahrzehntelanger Herrscher aussieht.

Doch den Höhepunkt dieser Pressekonferenz bildeten nach einigen weiteren Worten Bilder, die der Kommandeur der US-Truppen im Irak, General Ricardo Sanchez, präsentierte. Bilder eines verwahrlost, wie ein Penner wirkenden Mannes mit zerzaustem Haar und langem, struppigem, schwarz-weiß-grauem Rauschebart. Diesmal brachen – die sensationelle Nachricht akustisch noch deutlicher untermalend und damit psychologisch um so mehr Nachdruck erzeugend – im Pressekonferenzsaal anwesende irakische “Journalisten” in frenetischen Jubel und in Flüche gegen Saddam Hussein aus. Jeder Zweifel war also fehl am Platze, schließlich erkannte ihn doch sein eigenes “Volk”.

Besonders die Art und Weise, wie der ehemalige irakische Machthaber präsentiert wurde, ist jedoch ein verdächtiges Stück aus der propagandistischen Trickkiste. Die Darstellung trieft nur so vor starken Symbolen: Der “Feigling Saddam”, der sich in ein dreckiges Erdloch verkriecht, die edlen US-Helden, die ihn nach oben ins Scheinwerfer- und Taschenlampen-Licht befördern. Ein ums Leben fast flehender, weder kämpfender noch sich selbst richtender Saddam Hussein auf der einen Seite, auf der anderen ihn umsichtig in Gewahrsam nehmende und dabei nicht versehentlich oder aus Rache tötende US-Soldaten, die ihm schlagfertig “Schöne Grüße von Präsident Bush” ausrichten. Ein “Saddam Hussein” der artig den Mund öffnet und seine wirren Haare mutmaßlich nach Läusen absuchen lässt von einem kahlköpfigen, bebrillten, nur von hinten zu sehenden amerikanischen Militär-Arzt, der ihm in die dunkle Mundhöhle leuchtet und mit einem Spachtel Abstriche macht.

Ein Ablauf also, wie er kaum (noch) “besser” hätte inszeniert werden können, um maximale Wirkung zu erreichen. Dazu gehört die beabsichtigte Zerstörung des “Mythos” des mutigen Helden Saddam bei den arabischen Massen, die Hoffnung auf signifikante Entmutigung des irakischen Widerstands sowie die Umkehrung der in den Wochen zuvor rapide sinkenden Zustimmungsraten für George W. Bush.

Doch wie glaubwürdig ist der Inhalt, der vor, während, und nach dieser Pressekonferenz in Bagdad kommuniziert wurde?

Nun, um es kurz zu machen: Er ist höchst unglaubwürdig. Nachfolgend wird erläutert, wieso dieser Schluss sich aufdrängen muss. 

Der fehlende daktyloskopische Beweis für die Identität Saddam Husseins
 

Der naheliegendste Beweis, nämlich eine Identitätsfeststellung per Fingerabdruck, wurde bislang nicht von den US-Behörden bzw. -Militärs erbracht. Dabei ist die Daktyloskopie ein altbewährtes kriminologisches Verfahren, mit dem sich in absolut verlässlicher Weise sehr viel leichter Identitäten verifizieren lassen als etwa mit DNA-Analysen. Letztere bezeichnet man in Anlehnung an das ältere und bei vorhandener Spuren-/Datenlage zu bevorzugende Verfahren nicht ohne Grund als “genetischen Fingerabdruck”, was gewissermaßen dem klassischen Verfahren Respekt zollt. Bei der Daktyloskopie ist es nötig, dass den Ermittlern ein Papillarmuster eines oder mehrerer Finger desjenigen Menschen, dessen unklare Identität zu belegen ist, vorliegt. Wenn man weiß, wie die Fingerabdrücke eines Menschen aussehen, so kann man sehr leicht feststellen, ob eine Person, die man in Gewahrsam hat und deren Finger noch in unentstellter Form vorhanden sind, dieser Mensch ist. Nun hat man seit dem 14.12.03 von den US-Behörden bzw. -Militärs jedoch keinerlei Hinweis darauf erhalten, dass die Hände bzw. Finger des der Weltöffentlichkeit präsentierten “Gefangenen” verstümmelt gewesen wären.

Weiß man, wie die Fingerabdrücke des echten, authentischen Saddam Hussein aussehen?

Ganz klar: JA!

Nicht nur Joe Vialls weist darauf hin, doch ist er seit der mit viel Brimborium erfolgten Vermeldung der Gefangennahme von “Saddam” der erste, der dies so klar benennt und als wichtiges Argument verwendet. Doch wo befinden sich diese Fingerabdrücke Saddam Husseins? Dazu erläutert Vialls: ” perfect copies of the Iraqi Leader’s thumb prints are scattered liberally across Baghdad, and are also held in the safes of one German and two British companies, including the Morris Singer Foundry. During 1986 Morris Singer was part of a  German-led consortium, which cast the bronze arms for Saddam Hussein’s enormous Hands of Victory Arch in Baghdad. 

Doch ist dieser Hinweis auf gleich mehrere perfekte und über Bagdad verstreute Kopien der Daumenabdrücke des früheren irakischen Machthabers denn überhaupt glaubhaft?

Erneut lautet die Antwort: JA!

Schließlich liegen darüber zeitlich frühere Berichte aus anerkannten, seriösen Quellen vor.

Der Siegesbogen in Bagdad

Joe Vialls schreibt, dass das berühmte Bagdader Denkmal (der “Siegesbogen” zum Irakisch-Iranischen Krieg vom 22.09.1980 bis 08.08.1988; “qaus al nasr”) der zwei riesigen Schwerter, die sich kreuzen und von entsprechend großen Fäusten gehalten werden, perfekte Daumenabdrücke Saddam Husseins enthält.

http://homepage.ntlworld.com/steveseymour/joeviallscouk/subliminalsuggestion/Suicide2.gif 

Doch erfindet Vialls das womöglich nur?

Nein, keineswegs!

Denn die Australian Broadcasting Corporation (ABC ) hatte am 12.08.2003 ein Interview über Fingerabdrücke mit dem Spezialisten Snr. Sgt. Dean Greenlees, SAPOL Fingerprint Bureau , geführt (South Australian Police; Südaustralische Polizei). Zwar hat ABC den Original-Artikel inzwischen vom Netz genommen, doch fand sich noch eine Kopie im Google-Cache davon:

Fingerprints – Tuesday 12th August 2003

Saddam Hussein. America has been trying to find him since the war in Iraq ended.

„Is he in hiding, thumbing his nose at the Americans?“ 
Reporter

How will they make sure they get the right person? Saddam did have quite a few look alikes. 

„Check his fingers!“
Reporter

His fingerprints, to be more exact. 

„Dean studies fingerprints for a living. They’re one of the best types of evidence. Why is that?“
Reporter

„Everyone has a unique set of fingerprints. Even twins don’t have the same fingerprints, so they’re very useful for identifying someone.“
Snr Sgt Dean Greenlees, SAPOL Fingerprint Bureau

Which is why these might be Saddam Hussein’s undoing. They’re his! When he was president of Iraq, Saddam had a big archway made – that’s it in the background. And he wanted his thumbprints on it. Plasticine moulds of them were sent to this factory, where the archway was being made.

Hier noch ein anderer Artikel – aus der Fachzeitschrift “Fingerprint World” vom April 1994 -, der die Existenz und langjährige Expertise von Dean Greenless belegt: “Age Determination – Case Report”.

Seitens der von Vialls erwähnten Morris Singer Gießerei heißt es, man habe seit 1986 Saddam Husseins Daumen- abdruck (aufgrund der exakten Gestaltung des Denkmals) im Safe, worüber auch Premier Tony Blair durchaus informiert worden sei. Aufgegriffen hätten den Sachverhalt seitens der Presse am 30.07.03 der Sydney Morning Herald (die Vorstandsvorsitzende von Morris Singer, Sharon Pink, äußerte gegenüber dem SMH, wenn die Behörden weiterhin kein Interesse an dem Daumenabdruck zeigten – obwohl Blair sogar ein persönliches Dankes- schreiben geschickt hatte – wäre sie auch froh darüber, ihn für eine Million Dollar bei e-bay zu versteigern) sowie die Peterborough Kolumne der Daily Mail und ABC News(04.08.2003).

Klicken Sie hier, um das obige ABC-Bild größer zu erhalten.

Der britische Telegraph griff in dem Artikel “UK firm may have a hand in Saddam’s fall” die Morris-Singer-Sensation am 04.08.2003 ebenfalls auf. Er gab außerdem bekannt, das Außenministerium würde Kopien dieser Abdrücke zu anderen forensischen Beweismitteln (wie DNA-Proben) hinzufügen. Doch wieso nur hat man dann seit dem Tag der angeblichen Festnahme absolut nichts von diesem wichtigen Identifizierungsbeweismittel gehört?

A spokesman for the Foreign Office confirmed that they would be taking copies of the prints which would be added to other forensic evidence such as DNA samples.

Und zuvor schon hieß es im gleichen Artikel: “Now the plasticine impressions used to make the casts, held in the company’s safe, are to be forwarded to British diplomats in Iraq to help coalition forces pick out the former dictator from his hundreds of lookalikes.

http://www.telegraph.co.uk/news/graphics/2003/08/04/nirq04.jpeg

  ”A cast of Saddam’s thumbprint ensured that the 
hands on the triumphal arch were an exact likeness”

 

Und GlobalSecurity.Org (Erläuterung ihrer “Mission” weiter unten) äußerte sich wie folgt zu dem Monument:

The colossal Hands of Victory monument has dominated Baghdad’s skyline since the end of the Iran-Iraq war. Built in duplicate, it marks the entrances to a large new parade ground in central Baghdad, towering 140 feet above the highway . The triumphal arch is shaped as two pairs of crossed swords, made from the guns of dead Iraqi soldiers that were melted and recast as the 24-ton blades of the swords. Captured Iranian helmets are in a net held between the swords. And surrounding the base of the arms are another 5,000 Iranian helmets taken from the battle field. The fists that hold the swords aloft are replicas of Saddam Hussein’s own hands. The German company that built the monument, H+H Metalform, said it was given a photograph of Saddam’s own forearms to use as a model.

Die Umm al-Ma’arik-Moschee

Doch es gibt laut Joe Vialls Fingerabdrücke unter anderem auch andernorts, z.B. in der Anlage der Moschee Umm al-Ma’arik (“Mutter aller Schlachten”). Auf einem Sockel auf einer Insel in dem Wassergraben vor der Moschee ist ein Mosaik eingelassen, das exakt Saddam Husseins Daumenabdruck darstelltund aus der Vogelperspektive am besten erkennbar ist.

http://homepage.ntlworld.com/steveseymour/joeviallscouk/subliminalsuggestion/Suicide6.gif

Auch hier gibt es weitere Quellen, die Joe Vialls´ Darstellung klar untermauern.

Die us-amerikanische GlobalSecurity.Org (“Mission: GlobalSecurity.org is focused on innovative approaches to the emerging security  challenges of the new millennium. The organization seeks to reduce reliance on nuclear weapons and the risk of their use — both by existing nuclear weapons states and those states seeking to acquire such capabilities. GlobalSecurity.org aims to shift American conventional military forces towards new capabilities aligned with the post-Cold War security environment, and to reduce the worldwide incidence of deadly conflict. The organization is working to improve the capabilities of the American intelligence community to respond to new and emerging threats, reducing the need to resort to the use of force, while enhancing the effectiveness of military forces when needed. GlobalSecurity.org also supports new initiatives utilizing space technology to enhance  international peace and security.”) hatte ebenfalls über diese im April 2001 fertiggestellte Moschee und den dort befindlichenDaumenabdruck Saddam Husseins in Form eines 24 Fuß (ca. 8 Meter) breiten Mosaiks berichtet:

“As of late 2002, three mosques were being built by Saddam in Baghdad. The first one, the Umm al-Ma’arik mosque — translated as the Mother of All Battles mosque — was completed in April 2001 in time for Saddam Hussein’s birthday. The blue and white Umm al-Ma’arik mosque’s four minarets are each 43 meters tall and meant to represent the 43 days of conflict with US that occured during Desert Storm. Each reportedly eerily looks similar to a Scud missile in shape. Another minaret at the site is also reported to be 37 meters tall to symbolize the 1937 or Saddam’s birth-year. The Umm al-Ma’arik mosque also comes com[p]lete with a Arab world-shaped pool ladden with a [a] 24 feet-wide mosaic of Saddam’s thumbprint and a glass display of 605 pages of Koran written in a mixture of Saddam’s blood, ink and preservatives.” 
 

Und auch CBS News berichteten (am 17.01.2003) von dem bei dieser Moschee angebrachten, monumentalen  Daumenabdruck Saddam Husseins:

The reflecting pool rings the dome in the shape of the Arab world. In the middle there is a monument of Saddam’s thumbprint with his initials set in gold.

CBS hat (unter obiger Website) außerdem auch ein Video des Korrespondenten Lee Cowan von 1:53 Min. Dauer über diese Moschee frei ins Internet gestellt (ab 0:43 Minuten sieht man das Monument, das den Daumenabdruck enthält).  

Der britische Guardian berichtete am 17.05.2002 im Artikel “Mosque that thinks it´s a missile site” ebenfalls über den Daumenabdruck Saddam Husseins bei der Umm al-Ma’arik-Moschee.

Weitere Moscheen, die sich bei Kriegsausbruch im März 2003 noch im Bau befanden, sollten nach ihrer Fertigstellung ebenfalls den Daumenabdruck Saddam Husseins enthalten.

So die Saddam-Mosche, die die größte Moschee weltweit werden sollte. Über dieses Bauvorhaben, mit dem Hussein den französischen Architekten Jacques Barriere beauftragt hatte, schrieb die Sunday Times am 01.10.2000, wobei sie den französischen Journalisten und Dokumentarfilmer Joel Soler zu Wort kommen lässt.

In one part of the film Saddam is seen seated on a throne built into a sculpture of an eagle the size of a small house . His efforts to immortalise his memory also include plans to build the world’s biggest mosque. A French architect has been commissioned to design the structure, which will cover an area near Baghdad the size of 12 football pitches.
It will be surrounded by a moat in which the crowning touch will be an island formed in the shape of Saddam’s thumb, with the ground contoured exactly to match the leader’s fingerprint. „It is so that when God looks down on this mosque he will see Saddam too,“ said Soler
 

Hier ein Modell dieser vormals geplanten, weltgrößten (“Saddam”-)Moschee (hier zudem noch ein Satellitenbild des Bauvorhabens vom 05.09.2002):

http://www.iraqifd.org/unclesaddam/GrandMosque.htm 

Die Washington Times schrieb am 23.09.2000 (Section: WORLD IRAQ; Page A5) im Artikel “IT’S `UNCLE SADDAM‘ – FILM SHOWS SURREAL LEADER ATTEMPTING TO MAKE HISTORY” das Folgende:

While researching the film, Mr. Soler met Jacques Barriere, a French architect Saddam commissioned 
to design a mosque, to be built in Baghdad, the size of seven soccer fields. 
The domed mosque will have eight minarets and will be surrounded by water. In the water there will be an island in the shape of Saddam’s thumb and contoured with ridges that replicate his fingerprint. 
Bayan Hakim, a volunteer physician in Iraqi refugee camps near the Iran-Iraq border, said the film „Uncle Saddam“ was well documented. 
Saddam „pretends he’s the guardian of the Iraqi people,“ Dr. Hakim said. 
But Dr. Hakim and  Mr. Saleh warned viewers that the film clips do not always show the real Saddam. 
„For security reasons, he made a [double] of himself,“ Dr. Hakim said. 
She said with time Iraqis have learned to distinguish the real Saddam from the three or four look-alikes who stand in for the Iraqi dictator at public events. 
„Who knows, Saddam might have been killed a long time ago and his [double] must be running the country,“ she said, laughing.

Siehe zu diesem Thema auch ABC News.

Saddam-Doppelgänger

Es wird von Frau Dr. Hakim in obigem Zitat ein wichtiger Aspekt angesprochen, nämlich der der mutmaßlichen Existenz von Doppelgängern von Saddam Hussein. Er soll, so heißt es seit Jahren in der westlichen Presse, sich gleich mehrere “zugelegt” haben, hauptsächlich aus Furcht vor Attentaten, die dadurch unwahrscheinlicher bzw. ggf. den “Falschen” treffen würden. Es ist erstaunlich, wie wenig die Weltpresse diesen Aspekt am und nach dem 14.12.03 aufgriff und thematisierte.

Dabei hatte das ZDF bzw. 3sat bereits am 01.10.2002 wie folgt berichtet:

Saddam Hussein – Wissenschaftlicher Beleg für Doppelgänger 

Eindeutige wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass sich Saddam Hussein bei öffentlichen Auftritten von mindestens drei Doppelgängern ersetzen lässt.

„Zwischen Saddam Hussein und einer anderen Person, die auch im irakischen Fernsehen als Saddam auftritt, habe ich Unterschiede festgestellt“, meint der Hals-Nasen-Ohrenarzt Moslem Al-Asadi . „Fünf Körpermerkmale sind beim Original-Saddam anders als bei seinem Doppelgänger.“ Der Arzt Moslem Al-Asadi beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit dem irakischen Präsidenten. 

http://www.3sat.de/imperia/md/bilder/nano/koktober/ka/100.jpg 

„Nehmen sie zum Beispiel die Ohren: Jedes Ohr hat eine besondere Form, die sich bei jeder Person unterscheidet. Alleine an den Ohren habe ich fünf Unterschiede erkannt. Und das ist wesentlich, denn das Ohr ist wie ein Fingerabdruck.“ Andere Merkmale sind Hand oder Schulter

Bestätigung kommt von dem Rechtsmediziner Dr. Dieter Buhmann; der Wissenschaftler Buhmann ist Vater einer Methode, die einmalig ist. Selbst das amerikanische FBI hat seine Methode akzeptiert . Hierzu werden verschiedene Aufnahmen mit markanten Punkten am Computer verglichen, der unterschiedliche Perspektiven und Winkel korrigieren kann. Der Arzt Al-Asadi glaubte sogar, Saddam sei verschwunden: 

„Zum letzten Mal habe ich Saddam Hussein Ende 1998 im irakischen Fernsehen gesehen. Seitdem zeigen sie entweder Fotos und Archivaufnahmen oder aber es ist eine ähnliche Person, auf jeden Fall nicht das Original.“ Das bestätigte auch Dr. Buhmann anhand des ZDF-Archivs. Doch am 21. September 2002 war wieder das Original im irakischen Fernsehen zu sehen.  

Der letzte Satz ist nicht unbedeutend. Er besagt nämlich interessanterweise nicht, dass nicht lediglich ein altes Band mit “Original”-Aufnahmen Saddam Husseins zu sehen war. Der oppositionelle, im Iran lebende Arzt Al-Asadi jedenfalls ist überzeugt, dass Hussein im Jahr 1999 an Lymphknotenkrebs verstarb, seither zeige man lediglich drei Doubles. Dies meldete am 26.03.2003 World Net Daily (“Saddam’s ‚Double‘ Trouble – Opposition Leader Claims Hussein Died Of Cancer In 1999”) unter Bezugnahme auf den italienischen Corriere della Sera. 

Die Meldungen zur DNA-Analyse und zur “Saddam”-Gefangennahme

Die Tatsache, dass das Stichwort Fingerabdrücke (Daktyloskopie) in den meinungsbildenden westlichen Medien völlig unerwähnt bleibt, und dass auch kaum die Thematik möglicher Doppelgänger gestreift wird, ist mehr als verdächtig. Dadurch liegt nahe, dass die USA doch nicht Saddam Husseins habhaft sein könnten, oder zumindest nicht lebendig. Zu propagandistischen Zwecken sollte und musste er aber womöglich schlicht als lebendig gefangen (“Wie eine Ratte”) präsentiert werden. “Dieser” der Weltöffentlichkeit präsentierte lebende “Saddam” würde jedoch im Falle einer Überprüfung der Daumenabdrücke durch international bestellte Forensik-Experten – z.B.  aus Russland, Frankreich oder Deutschland – den Eklat mutmaßlich perfekt machen, wenn er sich dadurch womöglich als bloßer Doppelgänger des echten Hussein erweisen würde. Auffällig ist jedenfalls das offenkundige Totschweigen des Themas “Fingerabdrücke”.

Stattdessen lancierte man gleich zu Beginn der Verhaftungsmeldungen in aller Breite Berichte in bekannte Medien, wonach man einen “genetischen Fingerabdruck”, also eine DNA-Analyse durchgeführt hätte, die zweifelsfrei die Identität “Saddam” bestätigt hätte.

Äußerst auffällig ist dabei allerdings der Zeitpunkt der Meldungen und von wem sie stammten.

Die Gefangennahme soll am 13.12.03 um 20.30 Uhr Ortszeit erfolgt sein. Maximal 14 Stunden später liefen bereits erste Meldungen um die Welt, wie etwas später z.B. diese von dpa um 12.16 Uhr:

«Wir sind 100 Prozent sicher, dass er es wirklich ist, denn es wurde bereits ein DNA-Test durchgeführt», sagte der Sprecher des Irakischen Nationalkongress (INC), Intifadh Kanbar , in einem Interview mit dem arabischen TV-Sender El Dschasira.

Um 12.52 Uhr hatte AP hingegen ergänzend Folgendes über Kanbar, der auch Sprecher von Tschalabi (andere Schreibweise: Chalabi) ist, zu vermelden.

Saddam Hussein habe bei seiner Verhaftung einen grau-weiß melierten Bart getragen, sagte Kanbar, der Informationen aus der amerikanischen Zivilverwaltung als Quelle für seinen Bericht nannte. Soldaten hätten ihn fotografiert und ihm dann den Bart abrasiert. Danach sei er erneut fotografiert worden, ehe Experten mit der DNA-Untersuchung begonnen hätten. «Die DNA-Tests haben die Identität Saddam Husseins zu 100 Prozent bestätigt», sagte Kanbar.

Die Tiroler Landeszeitung wiederum vermeldete um 14.43 Uhr zurückhaltender:

Saddam Hussein angeblich durch DNA-Test überführt

Berlin (APA) – Die ersten Bilder ließen wenig Zweifel: Der Mann, den die USA als irakischen Ex-Machthaber präsentierten, sah wirklich aus wie Saddam Hussein. Doch der 66-Jährige hatte mehrere Doppelgänger. Um sicherzugehen, dass es sich bei dem Gefassten wirklich um Saddam Hussein handelt, müssen die USA und die irakischen Behörden wohl Ergebnisse einer DNA-Analyse vorlegen. Der Vorsitzende des irakischen Regierungsrates, Abdel Aziz el Hakim, sagte am Sonntag, ein erster DNA-Test habe bereits ergeben, dass es sich bei dem Festgenommenen um Saddam Hussein handle.
 

Die geäußerte Hoffnung auf Nachreichung eines fundierten DNA-Tests wurde enttäuscht, denn bis zum heutigen Tage wurde absolut nichts Detailliertes nachgereicht.

Überhaupt spielten offenkundig einige Vertreter der irakischen Kurden sowie des Irakischen National- kongresses und des irakischen Regierungsrates die eminent wichtige Rolle, im Zweifel unter Bezugnahme auf Paul Bremer diverse Informationen der angeblichen, coup-artigen Gefangennahme “Saddams” schon vor irgendwelchen offiziellen Verlautbarungen von US-Behörden und US-Militärs gegenüber weltbekannten Medien zu verbreiten.

So hatte um 12.05 Uhr AFP vermeldet:

Regierungsratsmitglied: Bremer bestätigt Festnahme Saddam Husseins
(AFP) US-Zivilverwalter Paul Bremer hat nach Angaben eines Mitglieds des von den USA eingesetzten irakischen Regierungsrates die Festnahme von Saddam Hussein bestätigt. Das sagte Nasser Schaderdschi dem arabischen Dienst des Radiosenders BBC am Sonntag.
Nach den Worten des irakischen Interimsinnenministers Hoschijar Sebari wurde eine „sehr wichtige“ Person gefasst. „Es scheint so, dass die Amerikaner eine sehr wichtige Person in Tikrit festgenommen haben“, sagte Sebari dem katarischen Fernsehsender El Dschasira.
 

Hier ein weiteres dpa-Beispiel von 12.53 Uhr:

Der irakische Ex-Diktator Saddam Hussein soll bei seiner Festnahme in Tikrit keinen Widerstand geleistet haben. Das sagte Ahmed el Chalabi, Mitglied des irakischen Regierungsrats , am Sonntag in einem Interview mit dem von der US-Verwaltung gegründeten irakischen TV-Sender. El Chalabi, der Vorsitzender des Irakischen Nationalkongresses (INC) ist, erklärte, Saddam habe bei seiner Festnahme einen künstlichenweißen Bart getragen.

Diese Meldung von einem “künstlichen weißen Bart” ist überaus interessant, wurde sie doch noch viele Stunden lang von Medien wie n-tv in genüsslich verächtlich machendem Stil in die Berichterstattung eingeflochten, bis man sie dann klammheimlich – und ohne eine kritisch hinterfragende Thematisierung daraus abzuleiten – fallenließ, als man endlich merkte, dass der Saddam-Bart seitens des US-Militärs und damit auch der westlichen Medien als echt zu gelten hat.

Es gab tagelang keinerlei offizielle Behauptung us-amerikanischer hochrangiger Personen, wonach eine DNA-Analyse die Identität “Saddams” erwiesen hätte. Dies zu verkünden, überließ man also irakischen ”Freunden”. Als klar war, dass die Medien an diesem Sachverhalt nichts kritisierten oder ernstlich hinterfragten, schien sich dann endlich US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld an das heikle Thema heranzuwagen.

Zuvor schon hatte am Sonntag (14.12.03) die Nachrichtenagentur AP bzw. der Boston Herald einen erstaunlich schnell fertiggestellten Artikel “ Apparent DNA identification of Saddam a hurry-up job” zu dem Thema der überraschend schnell vorliegenden angeblichen DNA-Analyse gebracht. Darin lässt man den Experten Robert Shaler zu Wort kommen, der “nicht überrascht” gewesen sei, dass binnen weniger als 24 Stunden eine DNA-basierte Identifikation Saddam Husseins bewerkstelligt worden sei. 
Der AP-Artikel fährt damit fort, dass Details über einen DNA-Test bei Saddam nicht ganz klar wären (“Details about a DNA test on Saddam were not entirely clear”). 
Und: Ein (namentlich nicht genannter) Offizieller des US-Verteidigungsministeriums sagte, Saddam habe seine Identität bei der Gefangennahme zugegeben, und schlüssigere Tests würden durchgeführt. Eine DNA-Bestätigung werde zeigen, dass der gefangene Mann kein Doppelgänger Saddams sei (“An American Defense Official also said Saddam admitted his identity when captured and that more conclusive tests were being done. DNA confirmation would show the captured man was not a body double of Saddam”).

Dann äußert sich im Artikel auch noch der Mark Stolorow, Chef von Orchid Cellmark, einer Forensikfirma mit DNA-Labors . Demnach sei eine Analysedauer von etwa einem Monat normal, gegen Extra-Gebühr sei es möglich, dies in 5 Tagen zu bewerkstelligen. Er mutmaßt dann hypothetisch, dass es wahrscheinlich sein könnte, dass unter bestimmten günstigen Bedingungen ein Labor “den Job in unter 24 Stunden” hinbekäme. Er wisse aber nicht, was die zeitliche Untergrenze hierfür sei.

Halten wir fest: Die DNA-Identifikation Saddam Husseins wurde am 14.12.03 ausschließlich von mit den USA verbündeten Irakern als 100% gesichert behauptet. Ein Pentagon-Offizieller kündigte dies hingegen erst für die Zukunft an. 

Was sagte Außenminister Powell dazu? 

Was könnte ein hochrangiger US-Politiker tun, um nicht später für mögliches Belügen der Weltöffentlichkeit belangt zu werden? Vielleicht kann eine Antwort auf diese “taktlose” Frage US-Außenminister Powell geben, der sich just am 15.12.03 ganz überraschend einer Prostata-Operation unterzog. Erst drei Tage danach, als er sich nicht mehr – wie es seine Position an sich gebietet – zwingend zu der “Saddam”-Verhaftung zu äußern hatte, wurde er aus der Klinikentlassen.

Geäußert hat sich inzwischen allerdings Powells Sprecher Richard Boucher, und zwar zu zweifelnden Äußerungen des Kärtner Landeshauptmanns Jörg Haider.

Indes hat der Sprecher von US-Außenminister Colin Powell, Richard Boucher, die Aussagen Haiders zurückgewiesen. Für ihn klinge das alles „ziemlich dumm“ sagte Boucher. Zu den Zweifeln des Kärntner Landeshauptmanns, ob es sich beim im Irak Festgenommenen um den echten Saddam Hussein handle, erklärte Boucher, die USA hätten den ehemaligen irakischen Präsidenten gefangen genommen, dies habe eine DNA-Untersuchung bewiesen. „Manche bezweifeln auch, dass Neil Armstrong 1969 am Mond gelandet ist“, so Boucher. Wenn jemand die Festnahme Saddam Husseins noch immer in Frage stelle, verfolge er seiner Meinung nach damit eine persönliche Agenda.

Kein Satz von Boucher dazu, wer wann mit welchem Verfahren genau diesen DNA-Beweis erbracht haben will. Stattdessen soll interessanterweise ausgerechnet Neil Armstrong bzw. das Thema Mondlandungen als “Beleg” dafür herhalten, dass Zweifel an der Saddam-Identität “ziemlich dumm” seien.

Wie bereits oben kurz erwähnt, dauerte es recht lange (bis zum 17.12.03) bis sich ein Politiker der ersten Reihe herauswagte und etwas zu dem Thema DNA-Analyse sagte, und es war der US-Verteidigungsminister.

Donald Rumsfeld am 17.12.03 laut CNN:

U.S. Defense Secretary Donald Rumsfeld said Tuesday that the CIA has taken the lead in the questioning of Saddam Hussein.
Rumsfeld also said DNA tests have confirmed that the man in captivity is Saddam: „I guess you’d call it proof — I think it’s probably 99-point something percent proof positive.

Es bleibt zu konstieren, dass Rumsfeld diese wichtige Äußerung auf sehr schnoddrige und damit die Aussage klar entwertende Art machte: “Ich schätze, Sie würden es einen Beweis nennen – ich denke, es ist wahrscheinlich zu 99-Komma-irgendwas ein positiver Beweis.”

Weitere Ungereimtheiten bei der behaupteten Festnahme und der Zeit danach

General Ricardo Sanchez erklärte auf der berühmt gewordenen Pressekonferenz am Nachmittag des 14.12.03 in Badgad, “Saddam” habe bei der Gefangennahme keinen Kampf begonnen, sondern sei vielmehr gesprächig und kooperativ gewesen.

Die Tagesschau verwies zusätzlich jedoch auf Folgendes:

US-Brigadegeneral Mark Hertling teilte mit, die Aussagen Saddam Husseins hätten zur Festnahme weiterer Vertreter des gestürzten Regimes verholfen . Die  US-Streitkräfte hätten mehrere Personen gefangen genommen, darunter einen ranghohen Funktionär der ehemaligen Regierung. (…)
“Das US-Magazin ´Time´ berichtete hingegen, Saddam Hussein habe sich in seinem ersten Verhör nach der Festnahme wenig kooperativverhalten. Ein Mitarbeiter des US-Geheimdienstes beschrieb das Verhalten des Ex-Diktators als zeitweise ´trotzig´. (…) 
Ein US-Offizier der vierten US-Infanteriedivision , der an der Gefangenennahme beteiligt war, machte unterdessen weitere Angaben zu dem Militäreinsatz. Als die Soldaten Saddam Hussein in seinem Versteck entdeckt hätten, habe der Gesuchte gesagt: „Ich bin Saddam Hussein. Ich bin der Präsident des Irak und bereit, zu verhandeln.“ Die Soldaten hätten entgegnet: „Präsident Bush sendet seine Grüße.“ 
 

 

Es liegt nahe zu vermuten, dass durch die Behauptung des Brigadegenerals Hertling Saddam Hussein als offenkundiger, verachtungswürdiger Verräter dargestellt werden soll. Wie der aufgrund des ehrlosen Verrats “unter anderem” festgenommene “ranghohe Funktionär” heißen soll, wird auffälligerweise nicht gesagt.

Doch ausgerechnet diese schöne, Hollywood-kompatible “Story” – erzählt immerhin von einem einem hoch- rangigen Offizier und einem ihm untergebenen Soldaten vor laufenden Kameras – gilt, gerade mal eine Woche nachdem sie der staunenden Welt erzählt worden war, schon als sehr fragwürdig. 
So schreibt am 21.12.2003 das Time Magazine:

U.S. intelligence official, meanwhile, casts doubt on another widely reported tale: that a U.S. soldier hailed the nemesis of two Commanders in Chief named George Bush by saying: „Regards from President Bush.“ This person says some officials suspect the story is „apocryphal.”

Zudem wird in dem gleichen Time-Artikel plötzlich doch so etwas wie ein “ matter Widerstand” Saddam Husseins bei der Gefangennahme eingeräumt. Er soll beim Fesseln durch US-Soldaten auf einen von ihnen gespuckt haben, und sei prompt deswegen von diesem geschlagen worden.

EXCLUSIVE: SADDAM HUSSEIN SPIT ON A G.I . AS HE WAS HANDCUFFED LAST WEEK OUTSIDE HIS SPIDER HOLE, U.S. GOVERNMENT SOURCES TELL TIME – SOLDIER PROMPTLY SLUGGED SADDAM
Sunday, Dec. 21, 2003
New York – U.S. government sources familiar with the accounts given by troops who helped capture Saddam Hussein tell TIME that the fallen dictator apparently made one feeble attempt at defiance , TIME’s Timothy Burger and Phil Zabriskie report. As soldiers were handcuffing him after he was extracted from his „spider hole,“ these sources say, Saddam spit on his captor.

Wieso diese überraschende Wendung des erzählten Plots? Bricht hier ein Kartenhaus aus Lügen zusammen oder ist es der verzweifelte Versuch, durch das tatsächliche oder vermeintliche Einräumen bisheriger Falschdarstellungen wenigstens noch das große, zu vermittelnde Gesamtbild (quasi “Wir haben –  bzw. halten – den wahrhaftigen Saddam bei lebendigem Leibe gefangen”) zu retten?


Die angebliche “Identifizierung Saddams” durch Tarik Asis und Hamid Mahmoud

Die US-Offiziere, die die Version der übermittelten “Grüße” von Präsident Bush kamerareif den Medien präsentiert hatten, waren Kommandeur Brian Reed (laut AFP) sowie Oberst James Hickey, wie u.a. NewsMax darlegt. Im gleichen Artikel wird erwähnt, dass NewsMax-Reporter Stew Stogel aus diplomatischen Quellen in New York erfahren habe, dass Saddam Hussein einer Identifizierung in Form einer altmodischen gegenüberstellenden “polizeilichen” Personenaufreihung unterzogen worden sei. Auf ihn hätten dabei der frühere Vizepremierminister Tarik Asis und sein früherer persönlicher Sekretär Hamid Mahmoud “mit dem Finger gezeigt“. Von einer DNA-Analyse steht in diesem Artikel vom 15.12.03, 08.51 Uhr Ostküstenzeit, hingegen nichts.  

Laut TIME (14.12.03) hat auch der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses des US-Senats, Senator Pat Roberts, erzählt, dass die USA frühere Top-Helfer Husseins nach Tikrit verbracht hätten, um “Saddam” zu sehen und zu bestätigen, dass er es sei.

Auch in vereinzelt anderweitig lancierten Medienberichten ohne nachvollziehbare Quellenherkunft muss der seit Monaten in US-Gefangenschaft befindliche Tarik Asis als Identifizierungsquelle herhalten. Nicht gerade glaubwürdiger wird dies allerdings dadurch, dass zugleich gestreut wird, er habe auch schon  Saddams Söhne identifiziert, die am 22.07.03 getötet worden sein sollen.

Reportedly, former Iraqi deputy president Tarik Aziz, already in custody for seven months, helped to identify the bearded, exhausted, and miserable Saddam Hussein that the world saw in images broadcasted by Iraqi television. Aziz also had helped to identify the bodies of Saddam Hussein’s sons Uday and Qusay’s who were killed on July 22nd in a fierce gun battle with American forces.

Dazu muss man wissen, dass laut Joe Vialls (“America’s Uday and Qusay Conjuring Trick – Latest White House lies reveal larger hidden untruth”) die gezeigten angeblichen Leichenfotos von renommierten internationalen Forensikexperten als Fake-Lachnummer enttarnt worden wären. Z.B. stimmten die Ohrläppchenlängen oder auch die Bartschatten nicht. Diese  Tarik-Asis-”Fährte” zur angeblichen Saddam-Identifizierung ist also auch aus diesem Grund vermutlich bestenfalls dazu geeignet, auf möglicherweise dahinterstehende Faker zurückzufallen. Denkbar, dass sie deshalb nicht mit aller Macht medial breitgetreten wurde. (Auch FREACE.DE legte am 16.08.03 begründet dar, warum an der offiziellen US -Darstellung des Todes der beiden Saddam-Söhne gezweifelt werden könne, u.a. liege für sie keine längst versprochene Veröffentlichung der “DNA-Analyse” vor.)

Dieser Rückschlag in der propagandistischen “Verwertung” von Asis und Mahmoud deutete sich sogar schon am 15.12 .03 an. Die Berichterstattung der USA ist dermaßen widersprüchlich bis offenkundig unsinnig, dass  Spin-Doctors der Regierung, willfährige Medienwächter und Geheimdienstler längst nicht mehr alles gut genug im Griff haben, um eine stimmige “Geschichte” zur angeblichen Saddam-Verhaftung zu erzählen, die nicht umgehend – durch das Verlautbarte bedingt – an verschiedenen Stellen Logik- oder Plausibilitäts-Risse bekommt. So machte TIME (mutmaßlich versehentlich ) die wohl hilfsweise gedachte Identifikation “Saddams” durch Asis und Mahmoud umgehend zunichte. Man zitierte just den “Offiziellen” wörtlich, der erste Verhörfragen und -antworten preisgegeben haben soll, als dieser zu den erwarteten Befragungserkenntnissen Stellung nahm

The official is doubtful that the U.S. will get a significant amount of intelligence from Saddam’s interrogations. “I would be surprised if he gave any info,” he said. Other high-ranking regime members , he said, have by and large remained mum. “Tariq Aziz [former deputy prime minister] hasn’t really spoken ,” he said, “and Abid Mahmoud [Saddam’s former personal secretary] hasn’t really given any information.
 

Die beiden hätten also weder “wirklich gesprochen” noch “ernsthaft irgendeine Information geliefert”. Doch sollen genau diese beiden mit dem Finger bei der Identifikationsgegenüberstellung auf Saddam gezeigt  haben. Ein schönes Eigentor, dass da die vereinten Einflüsterer von US-Geheimdiensten und Bush-treuen Medien geschossen haben. Es juckt sie aber vermutlich nicht sonderlich, da es kaum jemand bemerkt haben dürfte, und selbst wenn, es erfahrungsgemäß auch dann nur wenige kümmert, und es somit keine unmittelbaren Folgen – etwa in Form einer aufgrund des Belogenwerdens empörten Bevölkerung – zeitigt.  

Laut dpa (14.12.03; 12.53 Uhr) gab es noch vor der Pressekonferenz Bremers diverse und widersprüchliche Erzählungen zu den näheren örtlichen Umständen der kolportierten Festnahme.

El Chalabi: US-Soldaten holten Saddam aus einem Keller
Die Berichte darüber, wo der Ex-Präsident festgenommen sein soll, widersprachen sich jedoch. Einige Regierungsratsmitglieder sprachen von einem Keller, in dem er sich versteckt habe, andere von einem Zelt. Der Scharif Ali , der zur ehemaligen irakischen Königsfamilie gehört und nicht im Regierungsrat vertreten ist, erklärte, Saddam sei in einem Gemüselager entdeckt worden.

Doch merkwürdigerwise sprachen eben jener Chalabi (Tschalabi) und sein Sprecher Kanbar laut dieser praktisch zeitgleichen AP-Meldung von 12.52 Uhr auch von einem Erdloch, in dass sich Saddam vergraben habe, so dass ihn US -Soldaten hätten freischaufeln müssen:

Soldaten mussten Saddam Hussein aus Erdloch graben
Bagdad (AP) Saddam Hussein hat sich unmittelbar vor seiner Gefangennahme noch in einem Erdloch seines  Kellerverstecks vergraben. Als US-Soldaten in das Gebäude bei Tikrit eingedrungen seien, habe er sich dort noch zu verstecken versucht, sagte der Sprecher des irakischen Politikers Ahmad Tschalabi am Sonntag der  Nachrichtenagentur AP. «Die amerikanischen Soldaten mussten Schaufeln einsetzen, um ihn auszugraben», fügte Tschalabis Sprecher Entifadh Kanbar hinzu.

Doch auch AP hatte kurz zuvor um 12.37 Uhr von einem Kellerraum geschrieben.

Saddam Hussein wurde nach Informationen aus Bagdad und Washington offenbar im Keller eines Hauses seiner Heimatstadt Tikritentdeckt. Daraufhin unterrichtete  der oberste US-Zivilverwalter Paul Bremer telefonisch mehrere Mitglieder des irakischen Verwaltungsrates, wie diese mitteilten. In Washington teilten Regierungsbeamte mit, dass bei der Fahndung nach Saddam Hussein ein Mann in einem Kellerraum verhaftet worden sei, bei dem es sich nach ersten Überprüfungen um den gestürzten Staatschef handle.
Der Vorsitzende des irakischen Verwaltungsrates, Abdel Asis el Hakim sagte von Madrid aus, DNA-Tests hätten ergeben, dass es sich bei dem Verhafteten um Saddam Hussein handle.


Auf die Rolle von Abdel Asis el Hakim bei der vermeintlichen DNA-Identifizierung wurde schon weiter oben eingegangen. Es verblüfft nicht nur in höchstem Maße, dass keine amerikanischen, sondern irakische Repräsentanten, die diese Hightech-Untersuchung im verwüsteten Irak gar nicht selbst hätten durchführen lassen können, diese verkündeten; vielmehr geschah dies zum Teil sogar nicht einmal vom Irak aus, sondern vom fernen Madrid.

Die “Besucher” des gefangenen “Saddam” am Sonntagabend (14.12.2003)

SPIEGEL ONLINE berichtete am 16.12.03 darüber folgendermaßen:

Nach Worten von Muwaffak al-Rabai, der zu den vier Mitgliedern des irakischen Regierungsrats gehört, die Saddam am Sonntagabend sehen durftenbeschimpfte der wütende Ex-Diktator die Besucher und verteidigte seine Handlungen. 

Abgesehen davon, dass AFP nur von drei solchen Besuchern sprach: Mit der Meldung über al-Rabai (auch: el Rubaie) hat es durchaus sehr viel mehr auf sich, er soll nämlich gemäß dem AFP-Artikel (15.12.03 um 17.55 Uhr) ebenfalls Saddam Hussein identifiziert haben.

„Er machte einen deprimierten und erniedrigten Eindruck, auch wenn er das zu verbergen suchte”, sagte Ratsmitglied Muaffak el Rubaie, der Saddam Hussein identifizierte.


Wie bitte? Das mit der Identifizierung soll doch angeblich längst schon per “DNA-Analyse” bzw. (hilfsweise) durch Tarik Asis in einer Gegenüberstellung geschehen sein. Wie passt das also zusammen? Richtig: Gar nicht!

Doch am 18.12.03 um 18.04 Uhr vermeldete AFP – einigermaßen überraschend so spät – eine Nachricht über ein neues Foto von “Saddam” und über die Identifizierungs-”Rolle” auch von INC-Chef Achmed Tschalabi:

Neues Saddam-Hussein-Foto beschert irakischer Zeitung Rekordverkäufe 
(AFP) Ein aktuelles Foto des inhaftierten Saddam Hussein in Gummisandalen hat der irakischen Zeitung „El Mutamar“ am Donnerstag einen rekordverdächtigen Käuferandrang beschert: Auf ihrer Titelseite veröffentlichte die Zeitung ein achtspaltiges Foto, das Ex-Präsident Saddam Hussein in seiner  Zelle zeigt. Mit auf dem Bild ist Saddam Husseins langjähriger Gegner, der Vorsitzende des Irakischen Nationalkongresses (INC), Ahmed Tschalabi, zu sehen. Nach Angaben der Zeitung, die vom INC herausgegeben wird, besuchte Tschalabi den gefangengenommenen Ex-Präsidenten am Sonntag, um ihn im Auftrag der US-Armee zu identifizieren.

AFP hatte am 14.12.03 um 18.08 Uhr dies von Ratsmitglied Patschatschi zu berichten:

Übergangsrat: Saddam Hussein zeigt keine Schuldgefühle 
(AFP)  Der frühere irakische Machthaber Saddam Hussein hat nach seiner Ergreifung keinerlei Schuldbewusstsein gezeigt. Das versicherten Vertreter des amtierenden irakischen Übergangsrats am Sonntag nach einem Treffen mit dem gefassten Ex-Präsidenten. Saddam Hussein habe erschöpft und müde gewirkt, doch sei er eher widerspenstig als reuig gewesen, berichtete Ratsmitglied Adnan Patschatschi . „Er sagte uns, er sei ein harter, aber gerechter Führer gewesen.“
 

“Saddam” soll also bei ein und demselben Treffen mit irakischen Übergangsratsmitgliedern dies alles gewesen sein: schimpfend, wütend, sich verteidigend, deprimiert, erniedrigt, verbergend, erschöpft, müde, widerspenstig statt reuig. 
Dazu laut dem US-Oberkommandierenden im Irak, Sanchez, “gesprächig” und “kooperativ”, doch zugleich laut der TIME-US-Geheimdienstquellen “verschlossen“, “trotzig” und “wenig kooperativ”.

 

Die Befragung “Saddams” durch US-Geheimdienstangehörige

Ein weiter oben schon teilweise zitierter AFP-Artikel bot schon am 15.12.03 noch erheblich mehr von Interesse:

Das US-Nachrichtenmagazin „Time“ zitierte einen Mitarbeiter des  US-Geheimdienstes , wonach Saddam Hussein den Besitz von Massenvernichtungswaffen vehement bestritt. „Die USA haben sich das ausgedacht, um einen Kriegsgrund zu haben“, sagte er demnach bei seinem Verhör in einer Isolationszelle auf dem Flughafen von Bagdad. Auf die Frage, warum er die UN-Waffeninspektoren bei ihrer Arbeit behindert habe, habe er gesagt: „Ich wollte nicht, dass sie in die Präsidentenpaläste eindringen und unsere Privatsphäre stören.“

Den gleichen Sachverhalt schildert SPIEGEL-ONLINE gleichentags jedoch gänzlich anders:

Und auf die Nachfrage, warum er denn die Uno-Inspektoren nicht ins Land gelassen habe, sagte er: „Wir wollten nicht, dass sie in die Präsidialbereiche gehen und unsere Privatsphäre verletzten.

Zwischen BEHINDERN und NICHT-INS-LAND-LASSEN liegt erstens ein riesiger Unterschied. Zweitens: Warum wird insbesondere in dieser angeblichen Frage in der SPIEGEL-ONLINE-Variante bzw. in der identischen AP-Fassung (15.12.03 um 05.16 Uhr) eine inhaltlich völlig unzutreffende Behauptung aufgestellt, die dann auch noch Saddam nicht etwa umgehend als unsinnig, weil in den Prämissen unzutreffend, zurückgewiesen haben soll, sondern allen Ernstes “brav” beantwortet haben soll. Vor dem Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs von USA und UK im März 2003 waren monatelang UN-Inspektoren auf der Suche nach Massenvernich- tungswaffen im Irak unterwegs. Sie suchten auch an all jenen Stellen, von denen westliche Geheimdienste behauptet hatten, dort gebe es die Beweise, fanden aber bekanntlich NICHTS dergleichen! Dennoch wurde diese “Frage” in breiten Umlauf im deutschsprachigen Raum gebracht. Sind denn (u .a.) SPIEGEL-Redakteure dermaßen verblendet bzw. “blind”, dass sie nicht einmal mehr solch gravierende Unsinnigkeiten zu erkennen vermögen?

Im Orginal von TIME lautete die betreffende angebliche Frage an “Saddam” allerdings ohnehin völlig anders :

“if you had no weapons of mass destruction then why not let the U.N. inspectors into your facilities?

Es war also deutlich weniger scharf lediglich von “Anlagen” die Rede, was die sträflich verfälschende Berichterstattung in Deutschland umso schlimmer erscheinen lässt. Letztlich ist aber auch die TIME-Fassung nicht glaubwürdig, denn Hussein hatte letztlich durchaus eingewilligt gehabt, sogar seine Palast-Anlagen durchsuchen zu lassen; nachdem nämlich die UNO die Resolution 1441 am 07.11.2002 verabschiedet hatte.

Es erscheint zusammenfassend hochgradig absurd, dass man annehmen dürfen soll, nur wenige Stunden nach der angeblichen Saddam-Verhaftung würden bereits wörtliche, glaubhafte Verhör-Zitate in TIME stehen. Sehr viel wahrscheinlicher ist da natürlich, dass diese Sätze schlicht geheimdienstlich für bestimmte (propagandistische) Zwecke lanciert wurden. Was TIME ja insofern sogar zugab, dass man sich dort im Artikel auf ANONYME US-Geheimdienstkreise berief.

Welche Soldaten nahmen “Saddam” gefangen? Und wann?

Laut Time (14.12.03) waren es 600 Soldaten der 4. Infanterie-Division und US-Sondereinheiten.

It was a team of 600 soldiers from the 4th Infantry Division and U.S. special forces that acted on the tip that Saddam was hiding in a little town called  al-Dawr, 15 miles from his hometown of Tikrit.

 

Doch hatten irakische Quellen zuvor stets davon gesprochen, dass es US-Truppen und kurdische Peschmerga gemeinsam gewesen seien. So zum Beispiel laut dpa (14.12.03 um 12.16 Uhr):

Bagdad/Kairo (dpa) – Der entmachtete irakische Präsident Saddam Hussein ist nach Angaben kurdischer Politiker in seiner Heimatstadt Tikrit gefangen genommen worden. Der arabische TV-Sender El Dschasira berichtete am Sonntag, kurdische  Kämpfer («Peschmerga») und US-Soldaten hätten Saddam in einer gemeinsamen Operation gefasst.

Merkwürdig auch, dass laut AP (14.12.03; 11.27 Uhr) dieser Reporter vor Ort so gleich gar nichts von den Aktivitäten der mehrhundertköpfigen Festnahmetruppen mitbekommen hatte:

In Tikrit berichtete [ein] Reporter aus der Umgebung der dort stationierten 4. Infanteriedivision der USA, es habe in der Nacht oder am Sonntagmorgen keine ungewöhnlichen Aktivitäten in der Stadt gegeben.

Doch am 21.12.2003 platze dann eine regelrechte mediale Bombe , die – selbst wenn diese von der Intention her ein gewagter Rettungsversuch zumindest der Behauptung sein sollte, man sei nichtsdestotrotz des “echten” Saddam habhaft – ein enormes Risiko für die ohnehin in den letzten Monaten massiv reduzierte Rest- Glaubwürdigkeit von US-Regierung, US-Militärs und US-Medien darstellt. AFP hatte einen brisanten Artikel der britischen Sunday Times aufgegriffen, wonach Hussein schon länger in irakischer bzw. kurdischer Gefangenschaft gesteckt haben soll, allerdings wurden nur anonym gehaltene Quellen verwendet.

Die britische Zeitung „Sunday Express“ berichtet unter Berufung auf einen Offizier des britischen Militärgeheimdienstes, Mitglieder des irakischen Dschabur-Stammes hätten Saddam Hussein an die Patriotische Union Kurdistans  (PUK) verraten, weil sein Ältester Sohn Udai eine Frau aus dem Stamm vergewaltigt haben soll.
Ein PUK-Anführer habe der US-Armee daraufhin die Übergabe des Ex-Präsidenten angeboten und im Gegenzug eine gewichtigere politische Rolle der Organisation in den Kurdengebieten verlangt.
Saddam Hussein sei vor dem Abholen durch US-Soldaten von kurdischen Kämpfern unter Drogen gesetzt [worden], meldete die Zeitung unter Bezug auf einen irakischen Geheimdienstbeamten weiter. Ein im Nahen Osten stationierter westlicher Diplomat sagte der Zeitung, Saddam Hussein sei „nicht als Ergebnis britischer oder amerikanischer Geheimdienstarbeit“ aufgespürt worden. „Wir wussten, dass irgend jemand irgend wann Rache nehmen würde. Es war nur eine Frage der Zeit.“

Ähnliches hatte zuvor schon, nämlich am 14.12.03, der israelische Informationsdienst DEBKA veröffentlicht. Aufgrund sieben festgestellter Anomalien sei davon auszugehen, dass “Saddam” sich nicht versteckte, sondern gefangen gehalten worden war – vermutlich von einer loklaen Bande, die sich das Kopfgeld von 25 Millionen Dollar erhoffte. Eine der “Anomalien” sei die von den US-Militärs bis heute nicht näher erläuterte Verhaftung von zwei unidentifizierten Männern gewesen, die “bei Saddam” gewesen sein sollen, sowie die unbenutzten Waffen bei Saddam (zwei AK-47 und eine Pistole) . Wie allerdings DEBKA erklärt die Waffen bei “Saddam”? Nun, gar nicht. Dass er sie nicht nutzte, bzw. ob er sie nicht nutzte, obwohl er dies gemäß US-Darstellung womöglich konnte, belässt DEBKA im Unklaren. Ist der Grund dafür vielleicht der, dass man die US-”Eliten” nicht zu sehr der Lüge überführen wollte? Ähnliches gilt für eine weitere Anomalie, die (angebliche) Anwesenheit von 750.000 Dollar Bargeld bei gleichzeitigem Fehlen jeglicher Kommunikationsmittel. Das DEBKA-”Argument”, das Geld sei für die Entführer, die sich 25 Millionen USD erwartet hätten, eine Kleinigkeit gewesen, ist offenkundig unsinnig. Die DEBKA-Version könnte nur dann stimmen, wenn Saddam weder Waffen noch Bargeld bei sich hatte, denn mit beidem hätte er erheblich unbotmäßig umgehen können (Kämpfen, Selbstmord, Zerreißen). Die DEBKA-Leute wissen dies sicherlich, wollen oder dürfen aber offenkundig nicht schreiben, dass dann die offizielle US-Version an sehr entscheidenden Stellen wenig überzeugend, vielmehr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ganz bewusst auf Lug und Trug aufgebaut gewesen wäre.

Was auf der Pressekonferenz-Darstellung der Bilder von “Saddam” auffiel 
 

Sämtliche Bilder, ob bewegte Videos oder Fotos, wurden auf dramatisch die Höhen- und Breitenverhältnisse verzerrenden Plasmabildschirmen dargeboten. Und dies, obwohl klar war, dass alle Welt zusehen würde. Warum diese Verzerrung? Fürchtete man, dass bei klareren Bildern etwas als unrichtig oder gar unmöglich auffallen hätte können? 
Bewegtbilder gab es nur von dem “vollbärtigen Saddam” mit dem “wirren Haupthaar”. Diese Bildsequenz wirkte zudem an mehreren Stellen erheblich ruckartig und abgehackt . So wie es mancher Hobby-Digital-Videofilmer vom Ergebnis des Brennens auf CD / DVD nach Transfer auf eine Computerfestplatte sowie daran anschließend erfolgter Bild-/Schnittbearbeitung her kennt.
Von dem angeblich später rasierten “Saddam” gab es erstens keinerlei Videosequenz zu sehen, und zweitens wurde auf der Pressekonferenz (und Tage danach) nur ein einziges , frontales Bild des “rasierten Saddam” gezeigt. Wieso dieses ungewöhnliche Vorgehen? Für eine halbwegs aussagekräftige, für das Publikum nachvoll- ziehbare “Identifizierung” anhand eines Vergleichs mit Archivbildern hätten “vollbartlose” Videos oder zumindest eine Reihe entsprechender Fotos aus mehreren Perspektiven erheblich mehr Aussagekraft als die lediglich ausgestrahlten Bilder mit dem pennerhaften “Vollbartgesicht”.

Die folgenden Bilder gingen um die Welt. Sie wurden von General Sanchez auf der Pressekonferenz des 14.12.03 gezeigt, allerdings im Gegensatz zu den hier gezeigten Bildern krass in die Breite verzerrt.

Ist das aber wirklich auf beiden Fotos aktuell der echte Saddam Hussein?

Warum zeigte Ricardo Sanchez diese Bilder nicht mit gleicher Perspektive? Also, warum insbesondere das obere Bild des  „bärtigen Saddam“ nicht auch von annähernd frontal vorne? Für Kriminalisten und Forensiker ist solch eine Darbietung als vermeintliche Evidenz für eine Identifizierung ein schlechter Witz.

Die Gesichtshautfarbe der live auf der Pressekonferenz via Plasmabildschirm gezeigten Vergleichsfotos “rasiert” versus “bärtig” (allerdings nicht mehr in der obigen Bildfassung!) wirkte in bizarrer, fast schon provokativer Weise auffällig  unterschiedlich. Der „bärtige Saddam“ wirkte im präsentierten Plasmaschirmbild nämlich fast leichenblaß, der „rasierte“ hingegen voll durchblutet mit geradezu leuchtender Röte im Gesicht. Was sollte das?

Vor allem die linke Augenbraue (aus Betrachtersicht also rechts) in den beiden obigen Fotos wirkt erheblich unterschiedlich. 
Sie ist beim „rasierten” Saddam nach außen (lateral) hin buschiger als beim “unrasierten”. Vor allem aber tendiert sie nach außen hin (lateral) beim rechten (“rasierten”) Foto nach “oben”, beim linken (“bärtigen”) Foto hingegen eher nach unten, bestenfalls bleibt sie auf gleicher Höhe. Wie aber sollte das binnen kürzester Zeit unter verschärften US-Haftbedingungen zustande gekommen und damit erklärbar sein?

Der Haaransatz in der Stirnmitte wirkt ebenfalls nicht gerade indentisch.

Ob die Ohrläppchen u.a. gleich weit nach unten reichen, ist aufgrund der Perspektivenunterschiede nicht ganz klar feststellbar, aber eher fraglich.

Die nach unten verlaufenden Falten neben der Nase wirken im gezeigten Video extrem tief eingefurcht, viel tiefer als etwa auf üblichen, bekannten Archivaufnahmen Saddams, und auch tiefer als beim obigen Frontalbild des „rasierten Saddam“.

Auch bei FREACE.DE wurden Zweifel an der Echtheit der Bilder laut und analytische Methoden näher herangezogen, die die deutlichen Zweifel daran alles andere als ausräumten:


Diese[s] vom US-Militär veröffentlichte Bild ist nach US-Angaben eine Aufnahme des Gefangenen, nachdem er rasiert wurde.
Das Bild wurde um 10 [G]rad gedreht, um eine möglichst gerade Kopfposition zu erreichen.
Die blauen Balken markieren die Entfernung der Augenbrauenspitze bis zur Nasenspitze im Vergleich zur Entfernung zum Haaransatz, während die grünen Balken zweifach um sich selbst verlängert die Entfernung Augenwinkel – Nasenspitze markieren.”

 

  

“Hier wiederum die blauen und grünen Balken in einer Aufnahme, die Saddam Hussein zeigen soll (angesichts 
der angeblichen zahlreichen mehr oder weniger ´perfekten´ Doppelgänger ist auch diese Aussage nicht absolut sicher).”

“Während die grünen Balken einen zumindest Ähnlichen Abstand des Augenwinkels zur Nasenspitze zeigen, zeigen die blauen Balken einen auffälligen Unterschied.
Während der blaue Balken vom Haaransatz ausgehend hier nur bis zur Augenbraue reicht, erreicht er im vorangegan- genen Bild das Auge.”       


Auch dieses Bild, eine Aufnahme kurz nach Gefangennahme des Mannes und noch vor der Rasur und weitergehender ´Verschönerung´ verdeutlicht wiederum anhand der farbigen Balken die genannten Abstände.
Während die Aussagekraft der blauen Balken hier sicherlich aufgrund der wirren Haare nur mangelhaft ist, zeigen die grünen Balken einen sehr deutlichen Unterschied zu den vorangegangenen Bildern.”

Sonstige Auffälligkeiten und Ungereimtheiten

Der US-Abgeordnete der Republikaner LaHood machte bereits am 02.12.03 merkwürdige Andeutungen über eine unmittelbar bevorstehende Festnahme Husseins. Auf die journalistische Nachfrage, ob er mehr wisse als die Zeitungsleute, konnte er sich die wohl wahrheitsgemäße Antwort nicht verkneifen: “Yes I do.” 

“Saddam” soll, wenn er nicht gerade im Erdloch hauste, in einer verdreckten Küche sein Essen zu sich genommen haben . Die US-Macher dieser Story nannten die bekannten westlichen Süßwarenprodukte “Bounty“ und “MarsNeben der Absicht, die hier sicherlich unterstellt werden darf, den langjährigen erbitterten Gegner Hussein in den Augen der arabisch -islamischen Welt möglichst noch weiter zu erniedrigen, weil er verweichlicht solche “Genußmittel” des Erzfeindes gegessen haben soll, fiel den Geheimdienstlern vielleicht zudem schlicht aus Unwissenheit nichts Passenderes als arabisches Äquivalent ein.

Führende russiche Politiker zweifeln an der “Echtheit” des vorgeführten “Saddam”:

Russland zweifelt daran, dass Saddam echt ist
Moskau. Die russische Führung ist sich nicht sicher, ob den Amerikanern am Wochenende wirklich der echte irakische Diktator in die Fänge geraten ist. “Es ist schwierig darüber zu urteilen, wer in Wirklichkeit verhaftet wurde, weil viel über die vielen Doppelgänger Saddam Husseins berichtet wurde”, sagte Vizeaußenminister Juri Fedotow. Die USA hätten zuvor mit der selben Überzeugung versichert, im Irak gebe es Massenvernichtungswaffen. 
Außenminister Igor Iwanow hatte zuvor ebenfalls zurückhaltend auf die Festnahme reagiert. Iwanow, der sich zurzeit in Chile aufhält, forderte, dem Ex-Diktator müsse in seinem Heimatland der Prozess gemacht werden. Russland hoffe darauf, die Verhaftung werde die politische Stabilisierung des Landes fördern. 
Genau daran zweifelt der nationalistische Vorsitzende des Außenpolitik-Ausschusses, Dmitri Rogosin. “Der Partisanen- und Terrorkrieg gegen die Amerikaner und die anderen Besatzungstruppen hat schon nichts mehr mit irgendwelchen Saddam Husseins, Ben Ladens oder sonst welchen Al Qaidas zu tun”, sagte Rogosin. Es handele sich vielmehr um den Kampf der versprengten irakischen Opposition gegen die ausländischen Okkupanten.

 

Die Süddeutsche Zeitung (15.12.03 um 17.50 Uhr; Flottau und Leyendecker) erkennt zwar die neuartige und enorme psychologische Dimension der Bilder vom 14.12.2003 bzgl. der Vorführung  des „Saddam“. Aber sie kommt nicht darauf bzw. will oder darf sie nicht darauf kommen, dass GENAU DIES ein massives Indiz für üble und zeitlich wie inhaltlich absolut ausgeklügelt fabrizierte PSYCHOLOGISCHE KRIEGSFÜHRUNG ist, die die gesamte, solchermaßen medial „verarztete“ bzw. dominierte Menschheit über sich ergehen lassen muss. Die Wirkung der vermeintlichen Bilder von „Saddam“ als erbärmlichem Feigling ist – wie man so trefflich sagt – an sich viel zu schön (für G.W. Bush, den US-Dollar und die US-Börsen) um wahr zu sein.

Die verlorene Ehre des Saddam Hussein
Viele Araber betrachten den gefangenen Diktator als Feigling, weil er sich der Festnahme nicht widersetzte und nicht den Märtyrer spielen wollte.
Fast kann man sie mit Händen greifen, die Macht der Bilder. Als die Amerikaner am Wochenende einen verschmutzten, ungepflegten, fast verwildert aussehenden Saddam Hussein in der Nähe seines Geburtsortes Awidscha bei Tikrit aus einem Erdloch zogen und dann Fotos und Videoaufnahmen des Alten in aller Welt verbreiteten, brach in der arabischen Welt – wieder einmal – ein Mythos zusammen. 
“Warum”, fragt ein Palästinenser in Ramallah, ”warum hat er keinen Widerstand geleistet, warum hat er sich nicht selber erschossen?”
(…)
“Saddam Hussein ist ein Feigling”, schreibt enttäuscht der Kommentator Abdel Wahhab Badrachan in der überregionalen arabischen Tageszeitung Al-Hayat. 
(…)
Warum aber hat er dann die UN-Inspektoren nicht ins Land gelassen? Wegen der Paläste. ”Wir wollten nicht, dass sie in die Präsidialbereiche gehen und unsere Privatsphäre verletzten.”

Er büßte es hart. Saddam Hussein wurde “gefangen wie eine Ratte,” so Raymond Odierno, der Kommandeur der 4. US-Infanteriedivision, deren erste Brigade die “Operation Morgenröte” ausführte.
(…)
Auf die Spur des Flüchtigen hatte sie, wie Oberst Hickey weiter enthüllte, der Hinweis eines reichen und korpulenten Mannes aus der nahe gelegenen Stadt Tikrit gebracht, der am Samstag bei einer Razzia festgenommen worden war. 
(…)
Am Ende stand die Sensation, standen die in aller Welt immer wieder gezeigten Videobilder eines erschöpften Mannes, der sich wehrlos und ohne Widerstand Mund, Augen und Haare untersuchen ließ
Offenkundig haben die Amerikaner damit ihrem Krieg um den Frieden [ ??? ] im Irak eine neue psychologische Dimension gegeben. Der Despot, der den Amerikanern schon widerstandslos [???] Land und Hauptstadt überlassen hatte, nun als unterwürfiger Gefangener – ein Stich mitten in die geschundene Seele vieler Araber
Eine fälschlicherweise als Symbolfigur arabischen Widerstandes gegen westliche Dominanz gefei- erter arabischer Politiker wird so endgültig abgewrackt. Und ausgerechnet von den Amerikanern. 
(…)
“Er hat die Aufgabe nicht bewältigt, sein Volk in eine gute Zukunft zu führen”, sagt Yahya. “Doch es ist schade, dass es die Amerikaner waren, die ihn fingen. Iraker hätten ihn verfolgen und gefangen setzen sollen.”
(…)
Mit Bedauern stellt auch der Kommentator Abdel Wahhab Badrachan fest, dass Saddam Hussein “der erste arabische Führer” sei, der in die Gefangenschaft der Amerikaner geraten sei. ”Er kämpfte nicht. Dies ist ein Sieg für George Bush.” 
(…)
Wenn die Amerikaner Saddam Hussein als toten Mann gefunden hätten, wäre das “besser für die Araber” gewesen. 

 

Nun, leider merkte wohl auch die SZ nicht, welch unsäglichen Unsinn die Frage nach dem Nicht-ins-Land-lassen der UN-Inspektoren darstellte. Was mit “Krieg um Frieden” oder “widerstandsloser Überlassung des Landes” gemeint sein soll, bleibt ein Rätsel. Der Artikel beschreibt dennoch die psychologische Wucht des seit dem Mittag des 14.12.03 der Weltgemeinschaft manipulativ Suggerierten recht passend.
Allerdings ist kurioserweise nicht ganz ausgeschlossen, dass tatsächlich zunächst “eigene Leute” den präsentierten “Saddam” fingen, allerdings dann wohl vorwiegend um des Geldes Willen, also aus einem als verwerflich angesehenen Motiv, das sich weit weniger gut propagandistisch ausschlachten ließe. 
Auch ist nicht ausgeschlossen, dass der echte Saddam doch längst tot ist, womit wir wieder beim fehlenden Fingerabdruck-Identitätsnachweis wären.

Eine grundsätzlich andere Alternative ist übrigens, dass Hussein gegen Kriegsende ins Ausland – z.B. nach Russland oder Weißrussland – gebracht worden sein könnte. Immerhin war die an sich unverkennbare Diplomaten-Wagenkolonne des russischen Botschafters in Bagdad gegen “Ende” des Krieges im April (vom Boden aus, nicht etwa versehentlich aus der Luft) von US-Special-Forces beschossen worden, was zu Telefonaten zwischen Bush und Putin geführt hatte. Jetzt dürfte – sollte dies zutreffen – aber eine geheimes Asyl gewährende Regierung nichts Konkretes sagen, um sich nicht selbst in ein äußerst schlechtes Licht zu rücken.

Die junge Welt diskutierte am 16.12.03 den Aufenthaltsort und Rechtsstatus (Rüdiger Göbel, “Suche nach Saddam Hussein”):

Klarheit über den Aufenthaltsort könnte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz geben, das ein Recht auf Zugang zu dem Kriegsgefangenen hat. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld behauptete am Sonntag abend zumindest, Saddam Hussein werde »wie ein Kriegsgefangener gemäß der Genfer Konvention behandelt«. Ob das Rote Kreuz allerdings Zugang zu dem Verhafteten bekommen werde, müßten Juristen entscheiden, relativierte der Pentagon-Chef seine Aussagen in Sachen Genfer Konvention. Die Besatzungstruppen verstießen bereits mit der demütigenden Vorführung des offensichtlich unter Drogen gesetzten Häftlings gegen dort festgelegte Regelungen. Das Pentagon rechtfertigte die Ausstrahlung des Propagandavideos von einer angeblichen medizinischen Untersuchung Saddam Husseins am Sonntag mit dem »großen öffentlichen Interesse« an dessen Festnahme. Im Frühjahr hatte die US-Regierung die Vorführung von amerikanischen Kriegsgefangenen im irakischen Fernsehen indes scharf kritisiert und als Verstoß gegen die Genfer Konvention gebrandmarkt.

SPIEGEL ONLINE titelt am 16.12.03: „US-Demokrat wirft Bush inszenierte Festnahme vor

Washington – Der demokratische Kongressabgeordnete Jim McDermott sagte in einem Rundfunkinterview, das US-Militär hätte Saddam schon vor langer Zeit finden können, „wenn sie das gewollt hätten“. Auf die Nachfrage, ob er die  Gefangennahme für „getimt“ halte, damit Bush innenpolitisch punkten könne,  antwortete McDermott: „Ja, oh ja.“ 
Der Abgeordnete sagte  weiter, die Umstände der Festnahme seien derart, „dass es sich nicht um eine zufällige Sache handelte“. Er wisse zwar nicht, ob die Aktion gezielt für das vergangene Wochenende vorausgeplant worden sei, aber ihm sei bekannt, dass das US-Militär schon seit geraumer Zeit mit Personen in Kontakt gestanden habe, die gewusst hätten, wo sich Saddam aufhielt. 
Republikaner reagierten empört auf die Ansichten McDermotts. 
(…)“

Was? Darüber sind die Republikaner “empört”? Wie reagieren sie dann erst bei diesem Artikel, bei welchem SPIEGEL ONLINE am 17.12.03 überJörg Haiders Ansichten zur angeblichen Saddam-Verhaftung berichtet?

Haider spricht von „Schmierenkomödie der Amerikaner“
… Er bezeichnete die US-Aktion als ziemliches Betrugsmanöver… „Es kann sich genauso um einen seiner vielen Doppelgänger handeln.“ 
… Über die Festnahme Saddams sagte Haider ferner, die USA hätten die Aktion jetzt gebraucht, um Präsident George W. Bush aus einem Dilemma herauszuführen. Man solle nicht übersehen, „dass hier ein Land überfallen wurde von einem anderen Land, das gegen den Willen der Uno Krieg geführt hat, einen Angriffskrieg“. Dabei sei es in erster Linie um die  irakischen Ölquellen gegangen.

 

Dass in der Tat ein längst generalstabsmäßig angelegtes “Saddam-wird-verhaftet”-Drehbuch abgespult wurde, wird vereinzelt bereits sehr offen zugegeben:  

Saddam im Original besser als im US-Drehbuch

Von langer Hand planten US-Strategen Bilder von der Gefangennahme des Ex-Diktators, um einen Mythos zu zerstören 
Vom 17.12.2003
Von dpa-Korrespondentin Christiane Oelrich

WASHINGTON Der gestürzte Diktator, dreckig, zerzaust, und ein Armeearzt, der seinen Kopf offenbar nach Läusen absucht – diese Bilder waren nach der spektakulären Gefangennahme von Saddam  Hussein in Endlosschleife im US-Fernsehen zu  sehen. Eine kalkulierte Szene, für die die Amerikaner das Drehbuch seit Wochen in der Schublade hatten, wie US-Beamte einräumten.
Starke Bilder sollten einen Mythos zerstören , den Saddam in Jahrzehnten der Terrorherrschaft aufgebaut hatte. „Wir wollten keine Bilder, mit denen er auch nur in irgendeiner Weise als Märtyrer oder Held aufgebaut werden könnte„, sagte der Kommunikationsdirektor der Besatzungsbehörde in Bagdad, Gary Thatcher. Das Ergebnis war nach seinen Worten besser als alles, was die Strategen erhofft hatten. „Unsere Planung war gut, aber wir hätten uns nicht träumen lassen, dass Saddam selbst dermaßen dazu beiträgt, in dem er sich so verkommen ließ.“ 
Die Amerikaner lernten die Lektion im Sommer, als die Hussein-Söhne aufgespürt und bei einer wilden Schießerei getötet wurden. Damals wollten viele Iraker den Tod der beiden Tyrannen zunächst nicht glauben. Das US-Militär veröffentlichte schließlich makabre Fotos der schlimm zugerichteten Leichen und sah[en] sich gezwungen, irakische Journalisten in die Leichenhalle zu führen, um den Tod der beiden zu beweisen. 
Das sollte im Fall Saddams nicht passieren. Thatcher entwarf deshalb zwei Kommunikationspläne für den Tag X. Für den Fall, dass Saddam den Amerikanern tot in die Hände fallen sollte, wurde vor allem eine schnellere Identifizierung als bei den Söhnen  vorbereitet Im Fall einer Gefangennahme des lebenden Diktators sollten die Iraker selbst eine entscheidende Rolle spielen.
Die erfolgreiche Aktion am vergangenen Samstag wurde deshalb [???] fast 18 Stunden geheim gehalten. Nur ganz wenige Eingeweihte wussten, dass sich „High-Value Target No 1“ (Hochwertiges  Ziel Nr.1) – der Codename für Saddam – in US-Gewahrsam befand. Dschalal Talabani, Mitglied des Regierungsrates, ließ die Katze schließlich als erster aus dem Sack. 
(…)
Die „Washington Post“ zollte den Kommunikationsstrategen Respekt. Saddam in Handschellen und mit Gewehrläufen vor dem Gesicht oder als Opfer verbaler Verunglimpfungen zu zeigen, wäre als Arroganz eines Triumphators zerrissen worden, schrieb die Zeitung. Bilder der ärztlichen Untersuchung seien etwas anderes. Das Gefühl der Beschämung dabei, das viele Leute aus eigener Erfahrung kennen, erniedrige den Menschen auf „humane Weise“. [sic!]
(…) 
Aber diese Bilder waren keine typische gestellte Fotogelegenheit. Sie waren nötig, denn ohne sie hätte es keine Sicherheit gegeben, dass der Mann tatsächlich gefunden wurde“, schrieb die Zeitung.

Doch abschließend nochmals zu McDermotts Vorwürfen zurück. Auf diese geht auch die junge Welt am 19.12.03 ein (Rainer Rupp, “Datteln lügen nicht”)

Der Vorwurf McDermotts, bei der Gefangennahme handele es sich um eine politische Inszenierung, kann daher nicht einfach als »pure Phantasie« (so Bush-Freund und Kongreßabgeordneter Dicks) beiseite geschoben werden. Tatsache ist, daß unter der Bush-Administration nichts so ist, wie es sich dem Auge darstellt. Von der erfundenen Kriegsheldin Jessica Lynch über Bushs Landung auf einem Flugzeugträger am 1. Mai zur Verkündung des »Kriegsendes« bis hin zum falschen Truthahn beim Erntedankfest in Bagdad, als der US-Präsident breit grinsend eine »perfekt gebratene« Truthahnattrappe in die TV-Kameras hielt. Es scheint jedenfalls nicht verwunderlich, daß bei soviel Glaubwürdigkeit des Oberkommandierenden der US-Armee die Spekulationen ins Kraut schießen. 
So behauptete z.B. eine pakistanische Zeitung am Dienstag, daß Saddam Hussein den Amerikanern bereits am 20. November ins Netz gegangen sei. Präsident Bush habe seine Beute bei seinem Besuch in Bagdad am 27. November inspiziert, nachdem Hussein am 23. November einen Selbstmordversuch unternommen habe. Zweifel über den Zeitpunkt der Verhaftung von Saddam Hussein wollen sich auch in der irakischen Bevölkerung nicht legen. Durch die von den US-Besatzern verbreiteten Bilder werden sie zusätzlich genährt. Auf Aufnahmen, die US-Soldaten vor dem Erdloch zeigen, in dem sich Saddam Hussein verborgen gehalten haben soll, hängt an einer Palme gut sichtbar eine große Traube Datteln. Die Dattelernte sei jedoch im Dezember längst vorbei, heißt es in Bagdad. »Vielleicht haben sie Saddam schon seit August dort in dem Loch gefangen gehalten«, wird – laut Bericht der jW-Korrespondentin in der irakischen Hauptstadt – jetzt spekuliert. Ebenfalls am Dienstag berichtete eine Zeitung aus Katar, daß der israelische Ministerpräsident Scharon heimlich nach Bagdad gekommen sei, um dort Saddam Hussein zu sehen
Alles Märchen aus Tausend-und-einer-Nacht? Selbst die kühl kalkulierende ehemalige US-Außenministe- rin Madeleine Albright traut der Bush-Regierung noch mehr Zynismus zu, als ihr selbst nachgesagt wird. In einem Fernsehinterview auf Fox News Channel behauptete sie am Mittwoch, daß Präsident Bush genau wisse, wo sich Osama bin Laden versteckt, und mit dem Zugriff auf den politisch richtigen Moment – kurz vor den Wahlen – warte. (….)
Am Mittwoch erklärte Präsident Bush im US-Fernsehen zu Bin Laden: »Wir sind ihm auf der Spur.«

Nun, das mit der nächstes Jahr zu verkündenden Gefangennahme “Osamas” ist durchaus denkbar. Eine andere spannende zeitliche Koinzidenz ist jedoch auch aufgetreten. Joe Vialls veröffentlichte seinen Fingerabdruck-Artikel am 19./20.12.03. Am 21.12.03 kam der für die Regierung Bush höchst brisante Artikel der Sunday Times. Und ebenfalls am 21.12.03 erhöhte abends Tom Ridge, Homeland Security Chef, die Terrorwarnstufe auf den zweithöchsten Alarm-Level. Die US-Bevölkerung wird insofern durch ihre eigene Regierung und deren Helfer über eine Klaviatur der Ängste terrorisiert. Dass hier ein gewisser Zusammenhang bestehen könnte, ist zumindest nicht ausgeschlossen.

Wird „Saddams“ baldiges „Ableben“ medial vorbereitet?  

Es wird jetzt medial womöglich schon ein rasches Ableben des gefassten „Saddam Hussein“ vorbereitet, siehe BILD Online (am 27.12.03) unter Bezugnahme auf das US-Magazin Globe bzw. ominöse, namentlich nicht genannte “Geheimdienstquellen”:

New York – Der vor zwei Wochen gefasste irakische Ex-Diktator Saddam Hussein (66) soll an tödlichem ”schwarzen Hautkrebs” (Melanom)leiden! Das berichtet das US-Magazin “Globe”.
Saddam soll bereits Metastasen in den Lymphknoten haben. 
Das US-Magazin beruft sich auf Geheimdienstquellen, wonach der Ex-Diktator in den letzten Monaten seiner Schreckensherrschaft wegen bösartiger Hautveränderungen behandelt wurde. 
Laut “Globe” soll der dunkle Fleck über Saddams linker Augenbraue ein Melanom sein.

Zuvor stieß bekanntlich G.W. Bush mit seiner sehr “gewagten” Forderung nach “ultimativer” Bestrafung, sprich Todesstrafe, auf weltweiten Widerstand

Auch Vertreter des von den USA eingesetzten irakischen Regierungsrates vertraten erstaunlich rasch und recht offen den Wunsch nach Hinrichtung. Die Financial Times Deutschlands zitierte bereits am 16.12.03 zwei von ihnen:

Nach Ansicht des Vorsitzenden des provisorischen irakischen Regierungsrates, Abdul Asis al-Hakim , „soll der erst in der vergangenen Woche beschlossene Sondergerichtshof über Saddam Hussein urteilen“. (…)
“Wir haben das Gesetz verabschiedet. Wir haben uns schon fast auf alle Richter und Staatsanwälte geeinigt. “Wir sind fast soweit“, sagte Ratsmitglied Moufawak al-RabiiDas Urteil scheint für ihn bereits festzustehen. „Wir werden die Souveränität am 30. Juni erhalten“, sagte al-Rabii. „Er könnte am 1. Juli hingerichtet werden.“ 
 

Diese Strafforderung insbesondere von Bush kann als keineswegs überraschend oder unerwartet bezeichnet werden. 

Denn könnten es denn die USA wirklich zulassen, dass der (tatsächliche) Saddam Hussein vor einer u.a. daran brennend interessierten internationalen Zuhörerschaft über seine jahrelangen ungezählten engen und für die USA heutzutage hochnotpeinlichen kooperativen Absprachen mit US-Geheimdiensten und -Regierungen auspackt? 
Laut einer Meldung der Arab News vom 27.12.03 mit Titel  „Saddam Threatens to Expose US“ soll er dies laut einer namentlich nicht genannten hochrangigen europäischen “Quelle” angedroht haben.

Und was, wenn der “echte Saddam” sich gar nicht bzw. nicht lebend in US-Gewahrsam befindet, sondern höchstens ein Double?

Da wäre es doch objektiv in jedem Falle für die US-Regierung nicht gerade unpassend, wenn “Saddam“ durch einen tödlich verlaufenden „überraschenden“ Herzinfarkt, Schlaganfall oder auch einen schnell wachsenden Krebs hinweggerafft und somit dieses “potentiell bedrohliche Problem” hinfällig würde. 

Nötigenfalls müsste man jedoch “bis dahin” hochrangige, Hussein von früher her persönlich kennende Vertreter von UNO und/oder Internationalem Kommittee vom Roten Kreuz (IKRKvertrösten bzw. hinhalten, wenn diese den “Gefangenen” besuchen möchten. Zu diesem Thema berichtete “Der Standard” am 30.12.2003:

Rotes Kreuz fordert Zugang zu Saddam Hussein 
IKRK betrachtet Ex-Diktator als Kriegsgefangenen 
Genf – Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz  (IKRK) hat Zugang zu dem von den USA gefangen gehaltenen früheren irakischen Präsidenten Saddam Hussein gefordert. Gemäß der Genfer Konvention habe die  Organisation das Recht, jeden Kriegsgefangenen oder inhaftierten Zivilisten zu besuchen, sagte IKRK-Sprecher Florian Westphal am Dienstag in Genf. 
Das IKRK stehe in der Frage der Kriegsgefangenen und anderen Häftlingen im Irak in regelmäßigem Kontakt zu den US-Behörden; bei diesen Gesprächen sei es auch um Saddam Hussein gegangen. Eine Zeitvorgabe für einen Besuch gebe es nicht; „generell“ solle dies so schnell wie möglich geschehen.
Das IKRK betrachtet Saddam Hussein als Kriegsgefangenen, der unter dem Schutz der Genfer Konvention steht. Dem Regelwerk zufolge sind Kriegsgefangene lediglich zur Auskunft über ihre persönlichen Daten verpflichtet. Körperliche oder psychische Folter sowie „jede Form des Zwangs“ sind demnach unzulässig. (APA) 

Zwischenzeitliches “Singen des Gefangenen”? 

Die westliche Presse verkündete ab dem 29.12.2003, dass “Saddam“ wichtige Geheimnisse ausgeplaudert habe, so etwa der Berliner Kurier.

Saddam plaudert Geheimnisse aus
„Sanfte Folter“ machte den Diktator schon nach zwei Wochen weich
Bagdad – CIA-Verhörexperten haben Saddam Hussein offenbar weichgeklopft. Der irakische Ex-Diktator singt, gibt wichtige Informationen über Geld, Hintermänner und Waffenverstecke preis. 
Saddam soll Namen von Parteien verraten haben, die Geld in Sicherheit brachten, sagte Ijad Allawi, Mitglied des irakischen Regierungsrates . Er soll auch „Elemente“ genannt haben, die Kenntnisse über Waffenlager haben. 40 Milliarden Dollar habe er aus dem Land geschafft, „in Scheinfirmen in der Schweiz, Japan, Deutschland investiert „. (…)

Weiterhin soll hier also medial das Bild eines Menschen gezeichnet werden, der schlicht zum Verräter mutiert sein soll, das Ganze wiederum nicht etwa von einem hochrangigen Vertreter der US-Regierung, sondern lediglich von einem Mitglied des Regierungsrats. Doch was von der “Qualität” dieser Staunen verursachenden Behauptung Allauis zu halten ist, geht aus dieser REUTERS-Meldung vom 30.12.2003 (13.38 Uhr) recht klar hervor:

Bundesregierung hat keine Erkenntnisse über Saddam-Milliarden
Berlin (Reuters) – Die Bundesregierung weiß nach eigenen Angaben nichts über den Verbleib von Geldbeträgen, die im Auftrag des gestürzten irakischen Diktators Saddam Hussein auch nach Deutschland geschafft worden sein sollen. 
Darüber haben wir keine eigenen Erkenntnisse „, sagte die Sprecherin des Wirtschaftsministeriums, Andrea Weinert, am Dienstag. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und mehrere Banken verwiesen indes auf das Ministerium. Ein Sprecher der Bundesbank, die sich im März von den deutschen Geschäftsbanken über staatliche irakische Vermögen hatte informieren lassen, sagte, anders als damals gebe es bisher keine entsprechende Anfrage des Wirtschaftsministeriums 
Der von den USA eingesetzte irakische Regierende Rat sucht nach Angaben seines Mitglieds Ijad Allaui nach 40 Milliarden Dollar, die in Deutschland, Japan und der Schweiz auf Konten fiktiver Firmen deponiert worden sein sollen. International tätige Kanzleien sollten das Geld aufspüren. Saddam habe Namen von Mittelsmännern preisgegeben, denen er es anvertraut habe. (…)

Von rbk