Von Paul Craig Roberts (im Original hier, übers. v. RBK)

Wie die Leser wissen, bin ich ein Kritiker von Putins „begrenzter militärischer Operation“ in der Ukraine. Sie kam acht Jahre zu spät, und ihr begrenztes Ziel ist unrealistisch. Putin hätte Kiew sofort besetzen müssen, als er den US-Putsch kommen sah. Gelang ihm dies nicht, musste er den Donbass im Jahr 2014 wieder eingliedern, bevor er teilweise von Neonazi-Milizen und dem ukrainischen Militär besetzt wurde. Er hat nicht rechtzeitig gehandelt, weil er vom Westen mit dem Minsker Abkommen getäuscht wurde, das eine Hinhaltetaktik war, um Russland in Schach zu halten, bis die USA eine ukrainische Armee aufgebaut und ausgerüstet hatten.

Ich verstehe, warum der Kreml seine Intervention im vergangenen Februar darauf beschränkte, die Unabhängigen Donbass-Republiken von ukrainischen Kräften zu befreien. Putin ist nicht in die Ukraine einmarschiert, weil er nicht wollte, dass sich Tod und Zerstörung in der Ukraine ausbreiten, die seit langem ein Teil Russlands ist und in der es viele Mischehen und eine Vermischung der Bevölkerung gibt.  Der Kreml hat versagt, weil er nicht erkannte, dass Washington nicht zulassen würde, dass sich der Konflikt auf die Räumung des Donbass beschränkt.

Nachdem der Kreml die notwendigen Maßnahmen acht Jahre lang hinausgezögert hatte, brauchte er einen blitzschnellen, überwältigenden Angriff, der die gesamte Ukraine sofort außer Gefecht setzte, bevor Washington und die NATO sich einschalten konnten. Stattdessen beschränkte sich die begrenzte Militäroperation auf das Gebiet der abtrünnigen Republiken, ging langsam vor sich, um die Zivilbevölkerung und die Infrastruktur zu schonen, und umfasste nur wenige Teile der russischen Armee. Die Kämpfe wurden von den Donbass-Milizen und einer privaten Militärorganisation, der Wagner-Gruppe, geführt, die als Hilfstruppe der russischen Armee fungiert. Der Kreml verfügte über keine Reserven, um die immer länger werdenden Linien des langsamen russischen Vormarsches aufrechtzuerhalten, was Washington Zeit gab, den Konflikt auszuweiten. Dies ermöglichte die begrenzten ukrainischen „Gegenangriffe“, die keine nennenswerte Wirkung hatten. In zwei Sektoren zogen sich die russischen Linien im Voraus zurück und machten ein Eindringen unmöglich.

Die russischen Rückzüge wurden als „Niederlagen“ fehlinterpretiert und gaben Anlass zu solchen Unsinnigkeiten wie „die Ukraine bis Weihnachten auf der Krim“. Washington und die NATO haben sich in ihrem eigenen Narrativ verloren und glauben ihrer eigenen Propaganda. 

Mike Whitney hat sich über die westliche Propaganda hinaus informiert und präsentiert hier seine Erkenntnisse – https://www.unz.com/mwhitney/ukraine-is-the-hammer-about-to-fall/ -, wonach derzeit 540.000 Soldaten der russischen Armee rund um die Ukraine und in Weißrussland stationiert und mit einer enormen Anzahl von Panzern, Artillerie, Raketen, Flugkörpern und Munition ausgestattet sind, um dieses Mal eine echte Invasion zu starten. Wenn dieser Bericht wahr ist, zeigt er, dass Putin aus seinen vielen Fehlern gelernt hat. Wenn der Bericht falsch ist, deutet er darauf hin, dass Putin nicht in der Lage ist, die Realität zu erkennen, mit der er konfrontiert ist.

In der westlichen Welt ist die Russlandforschung zur Russophobie verkommen. Objektive Experten gehören der Vergangenheit an.  Einer der wenigen verbliebenen objektiven Experten fragt sich, ob nun die Weichen für einen von Washington und der NATO nicht vorhergesehenen Bodenkrieg gestellt sind. Wenn die Ereignisse Putin dazu gezwungen haben, seine begrenzte Operation aufzugeben, wird die Ukraine einfach überrollt werden. 

Der polnische Verteidigungsminister scheint zu einem ähnlichen Schluss zu kommen. Es gibt Anzeichen dafür, dass dort die Mobilisierung mit der Einberufung von 200.000 Reservisten beginnt. Ob diese zum Schutz gegen russische Angriffe oder zur Besetzung der Westukraine, die Polen immer noch für sich beansprucht, während Russland die östliche Hälfte einnimmt, oder als Verstärkung für die Ukraine entsandt werden sollen, ist nicht bekannt.

Wenn Selenskij und Washington zur Vernunft kommen, wird die gemeldete russische Invasionstruppe, sofern sie tatsächlich vorhanden ist, nicht eingesetzt werden müssen. Die Zerstörung der Ukraine kann verhindert werden, wenn Washington die Rückgabe der von Russland befreiten Gebiete an Mütterchen Russland akzeptiert und sich darauf einigt, dass die Ukraine ein neutraler, entwaffneter Staat und niemals Mitglied der NATO sein wird.

Putin hat erklärt, dass der Westen seine Diplomatie verschmäht und ihm nur noch die Gewalt als Mittel zum Umgang mit dem Westen bleibt. Putins früheres Zögern, Gewalt anzuwenden, hat die Situation noch verschlimmert. Wenn er nun spät im Spiel Gewalt anwendet, wird Washington verwirrt sein. Wie wird Washington reagieren, wenn die russische Armee die Ukraine überrollt? Washington wird die Welt in einen Atomkrieg verwickeln, wenn es glaubt, dass ein Einsatz von US-Soldaten zur Verteidigung der Ukraine einen Vormarsch der russischen Armee aufhalten würde. Die amerikanischen Soldaten würden zusammen mit den übrigen Ukrainern abgeschlachtet werden. Was dann? Kann das arrogante, vor Selbstüberschätzung strotzende Washington eine Niederlage hinnehmen, deren Folge die wahrscheinliche Auflösung seines europäischen NATO-Imperiums wäre, oder werden die Verrückten, die uns falsch regieren, den (roten) Knopf drücken?