In den letzten wenigen Wochen erlebte der Verfasser des Artikels einige überaus beachtliche Ergebnisse von gerichtlichen Auseinandersetzungen mit Beteiligung von Menschen, die von den bayerischen Behörden als sog. „Reichsbürger“ verunglimpft worden waren.
Fall 1 betrifft einmal mehr jene Angestellte im öffentlichen Dienst, die vor dem Arbeitgeber Hauptzollamt München in Ungnade gefallen war. Der rbk-blog berichtete bereits wiederholt hierüber, insbesondere über die gewonnene Kündigungsschutzklage im Frühjahr 2018. Ende August erhielt sie dann für eine Reihe von Monaten das Gehalt nachgezahlt. Anfang Februar diesen Jahres kam in einem Telefonat (zwischen ihr und dem Verfasser) beiläufig heraus, daß das HZA dabei gar keine Verzugszinsen geleistet hatte, und ihre eigene Fachanwältin für Arbeitsrecht dies nicht auf dem Schirm gehabt hatte. Also mal eben per Suchmaschine die tarifliche Ausschlußfrist für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geprüft: Geltendmachung sei nötig binnen 6 Monaten nach Fälligkeit. Das sah demnach für die Betroffene bis Ende Februar 2019 nach grünem Licht aus. Sie schrieb höflich den behördlichen Arbeitgeber mit der konkret bezifferten Forderung an (Geltendmachung). Man brauchte dort auffällig lang für die Prüfung, wollte dann aber dennoch nur einen kleinen Bruchteil der Forderung anerkennen, wobei man gänzlich anders rechnerisch heranging und ihr nur einen Verzug von einem Monat (August 2018) einräumen wollte. Dennoch ihrerseits weiterhin entgegenkommen bleibend schickte sie dem damit befaßten Volljuristen der Abrechnungsstelle in einem anderen Bundesland den Klageschriftentwurf zur letztmöglichen Klageabwendung zu und telefonierte hinterher. Sie bekam jedoch nur zu hören, nein, das sehe sie ganz falsch. In ein wenig Small-talk merkte er überdies an, die Anwältin hätte da eben zu ihren Lasten etwas verbockt. Obwohl ja die im Durchschnitt besseren Absolventen in Kanzleien gingen, während die weniger erfolgreichen bei Behörden landeten. Von wem er da nur redete…?
Also kam es im März zur Klageeinreichung und am 10. April zur Güteverhandlung, zu der der Artikelverfasser als Beistand mitkam und auch vortragen durfte. Der Vorsitzende der Kammer 1 des Arbeitsgerichts München, zugleich auch der Direktor des Gerichts, machte in dem Termin sehr deutlich, was er von dem Klageerwiderungsantrag der Beklagten (d.h. der BRD) halte. Nicht viel. Warum der Klageantrag unzulässig sein sollte, könne er nicht nachvollziehen. Die Beträge und Zeiträume seien bei der Ermittlung des Forderungsbetrages klar benannt. Er verstehe durchaus, was beantragt worden sei. In der Tat waren zuvor mittels Internet-Rechners exakt für mehrere einzelne Zeitscheiben die Zinsansprüche zu 5% über dem Basiszinssatz der EZB ermittelt und dann aufaddiert worden. Außerdem sei es laut dem Vorsitzenden seit langem ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, daß bei Kündigungsschutzklagen fristwahrend auch Forderungen auf Entgeltzahlung (wegen sog. Annahmeverzugs des Arbeitgebers) und nötigenfalls eben auch Forderungen auf Verzugszinsen als mit eingereicht zu denken seien.
Der Beistand führte aus, daß gemäß Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht die Frist für den Beginn der Ausschlussfrist nicht eher beginnen könne, als der Arbeitgeber eine Gehaltsabrechnung durchführe und vorlege, was hier erst Ende Aug. 2018 der Fall gewesen sei.
Der Direktor / Vorsitzende führte gegenüber dem Beklagtenvertreter aus der Personalabteilung des HZA aus, die Ausschlussfrist nach § 37 TVöD greife hier schlicht nicht. Er verstehe gar nicht DIESE HÄRTE seitens des behördlichen Arbeitgebers. Nun, da stellte er sich vielleicht absichtlich etwas dumm. Denn gegen vorgebliche „Reichsbürger“ meinen so manche Aufgehetzte, sie dürften sich diesen gegenüber nahezu alles herausnehmen und völlig übertriebene Schlußfolgerungen ziehen und ihnen höchst gefährliche Eigenschaften und Absichten andichten. Wollte der Direktor des ArbG München ein Zeichen dahingehend setzen, so könne und dürfe das nicht weitergehen? Ein zweites Mal merkte er an, er verstehe diese Härte der Behörde nicht – und dies trotz einer rechtskräftig gewonnenen Kündigungsschutzklage der Klägerin!
Er schlug als Ergebnis der Güteverhandlung einen bis 03.05.2019 widerruflichen „Vergleich“ vor, der zu 100% einem Erfolg der Klägerin glich, da sie – ohne etwaigen Widerruf – die Hauptforderung eben durchaus doch überwiesen bekommen solle.
Am 06.05.2019 war telefonisch zu erfahren, daß der Vergleich mit Ablauf des 3. Mai rechtswirksam geworden sei. Geht jetzt nicht in den nächsten wenigen Wochen endlich der für die Klägerin erfreuliche dreistellige Betrag an Verzugszinsen auf ihrem Gehaltsgirokonto ein, so könnte sie mit dem bereits vollstreckbaren Titel, dem Vergleich, dem Hauptzollamt theoretisch einen Gerichtsvollzieher ins Haus schicken, um vollstrecken zu lassen. So ändern sich die Rollen, mag der eine oder andere Leser sich verdutzt die Augen reiben, der wegen säumiger Kfz-Steuern Ärger genau andersherum kennenlernen durfte.
Nach dem sehr erfreulichen Gütetermin gab´s natürlich erst einmal ein Gläschen Sekt auf der Klägerseite. Für die Dame mag man diesen weiteren Erfolg vor Gericht bereits als 4:0 gegen BRD-Behörden, die ihr höchst unangemessen inakzeptablen Ärger bereiteten, zählen. Der rbk-Blog berichtete. Ein Kantersieg sozusagen…
( Az. 1 Ca 2929/19 )