Nur eine Woche nach der Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht München, bei welcher der Direktor des Gerichts eine hervorragende Haltung einnahm – inhaltlich, menschlich und rechtlich -, kam es zu einer weiteren Gerichtsverhandlung, bei der ein vorgeblicher „Reichsbürger“ der Kläger war. Nachfolgend wird jener weitere Fall näher beschrieben, der sich beim Bayerischen Verwaltungsgericht München zutrug.

Es fand dort am 18.04.2019 die Hauptverhandlung einer sog. Fortsetzungsfeststellungsklage ohne rechtsanwaltliche Vertretung des Klägers gegen die beklagte Landeshauptstadt München statt. Der geneigte Leser kann sich wohl vorstellen, wer den Kläger bei der Abfassung seiner Schriftsätze unterstützt und ihm insoweit im Vorfeld beigestanden hatte.

Worum ging es und wie kam es dazu? Nun, der Kläger ist seit vielen Jahren mit Herz und Seele als Bierausfahrer tätig, zuletzt bei einer Münchner Brauerei. Der Arbeitgeber beantragte im Vorfeld der Wiesn 2017 für seine als Ausfahrer zum Festzeltbereich angedachten angestellten Fahrer wie vorgeschrieben sog. Zufahrtskontrollbelege. Doch das Kreisverwaltungsreferat München (KVR) lehnte ohne Nennung konkreter Gründe ab. Rückfragen blieben höchst vage, es wurde auf eine Empfehlung der Polizei verwiesen. Im Jahr 2017 nahm der Betroffene dies noch hin, wenngleich dieser Zustand für ihn höchst unbefriedigend war. Ein Jahr später wiederholte sich prompt das Szenario. Der Verfasser dieses rbk-Blog-Beitrags erwähnte gegenüber dem zutiefst Frustrierten die Möglichkeit der Beantragung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung gegen die Landeshauptstadt München, vertreten durch das KVR München, beim VG München. Dies machte der 51-jährige Bierfahrer dann mit einer zweiseitigen Antragsschrift unter Bezugnahme auf § 123 VwGO auch schnellstmöglich am 11. September 2018. Das Oktoberfest sollte nur kurz darauf am 22. September beginnen. Noch am gleichen Tag forderte das Gericht (per Fax) vom KVR eine schnellstmögliche Stellungnahme. Von der Gegenseite kam dann, für den Bierfahrer gänzlich überraschend, „schweres Geschütz“. Mit zweistelliger Seitenzahl des Schriftsatzes antwortete das KVR am 17.09.2018 (vorab per Fax). 

Nun endlich kam also heraus, was man sich bei der Ablehnung gedacht hatte. Der Bierfahrer hatte sich früher einen „gelben Schein“ (Staatsangehörigkeitsausweis) unter Ableitung bis vor 1913 ausstellen lassen, war dann aber mit dem ausgehändigten Urkundspapier nicht ganz zufrieden gewesen und hatte schriftlich eine Rückmeldung dazu abgegeben, die man im Landratsamt wohl als etwas querulatorisch auffaßte. Darüber hinaus, und das war erkennbar der schwerste Vorwurf der Behörden, soll er einer gemischtgeschlechtlichen Streifenwagenbesatzung gegenüber provozierend aufgetreten sein. Das KVR zitierte dem Gericht gegenüber das Polizeipräsidium München u.a. so:

„Am 06.03.2017 sei der Antragsteller im Zusammenhang mit einem anderen Delikt [da war letztlich nichts dran und das vermeintliche „Delikt“ hatte auch keine Konsequenzen, wurde aber hier dennoch den Betroffenen in ein negatives Licht rückend dargestellt; rbk] zusammen mit einer weiteren Person [diese „weitere Person“ war schlicht seine Ehefrau! rbk] einer polizeilichen Kontrolle unterzogen worden. Im Rahmen dieser Kontrolle – so die Aussagen der polizeilichen Mitteilung – gaben die zwei betroffenen Personen auf die Aufforderung [die es laut den Eheleuten nicht gegeben hatte! rbk], ihren Personalausweis vorzuzeigen, an, dass sie lediglich ein ‚beglaubigtes Ausweisdokument‘ besitzen [das war lt. den Eheleuten frei erfunden von der Polizei! Beide besitzen seit jeher Personalausweis und Reisepass, regulär ausgestellt von BRD-Behörden! rbk], da sie ‚kein Personal der Bundesrepublik Deutschland‘ seien [laut den Eheleuten wurde auch das nie gesagt; rbk].“

Was war eigentlich wirklich, aus Sicht des Betroffenen, geschehen?

Am 6. März 2017 hatten die zwei Polizeibediensteten am Wohnort geklingelt, die Frau des Bierfahrers öffnete und wurde nach ihrem Mann gefragt, den sie umgehend herbeirief. Die Polizisten stellten ihm nur ein paar Fragen zu einer rein gestenmäßigen und verbalen kurzen Auseinandersetzung, die sich etliche Wochen zuvor mit einem sich provokativ und aggressiv gebärdet habenden Autofahrer zugetragen hatte, als die Eheleute rein privat und defensiv fahrend unterwegs gewesen waren, ohne daß irgendein Verfahren resultiert hätte. Am Ende jener Befragung, nicht etwa „Kontrolle“, vor dem von den Eheleuten bewohnten Häuschen in einem Landkreis außerhalb Münchens unterschrieb der Bierfahrer das zu Protokoll Genommene. Doch was stand laut KVR im polizeilichen Bericht? Er soll nach seinem Personalausweis gefragt worden sein und diesen negiert haben, obwohl er einen besitzt und im Rahmen seiner Berufsausübung auch öfters vorzeigen muß, wenn er z.B. in Kasernen Getränke ausliefert. Wie unwahrscheinlich und weltfremd das polizeilich Behauptete allein bezüglich dieser geschilderten Szene ist, kann sich der neutrale Leser dieses Artikels gewiß selbst denken.
Doch so wurde es noch weitergehend vom KVR München gegenüber dem VG verschriftet:

„Auf telefonische Nachfrage der Antragsgegnerin [gemeint: das KVR] vom 14. September 2018 an das Polizeipräsidium München, Abteilung Einsatz, E2, welche von den zwei angetroffenen Personen [gemeint: der Bierfahrer und seine Ehefrau im Wohnhaus bzw. dann unmittelbar vor der Haustür; rbk] im Rahmen der polizeilichen Kontrolle [es war schon keine Kontrolle, sondern eine Befragung zu einem ganz anderen Thema; rbk] am 06. März 2017 auf polizeiliche Aufforderung [es gab nur die Frage an die Ehefrau, ob ihr Mann auch zuhause sei, was sie bejahte und ihn herbeirief; rbk], den Personalausweis vorzuzeigen, die protokollierte Äußerung:

„warum er (gemeint ist hier mit der Formulierung ‚er‘ der angesprochene Polizeibeamte) vor Ort sei, da er für ‚Bürger wie sie (gemeint sind hier die zwei kontrollierten Personen)‘ gar nicht zuständig sei“ [das hat er laut eigener Aussage niemals gesagt; hätte dies im Protokoll gestanden, so hätte er es gar nicht unterschrieben; rbk] 

getätigt habe [sic! Grammatikalischer Satz- und Sinnfehler im Originalschreiben des KVR; rbk], teilte das Polizeipräsidium München mit E-Mail vom 15.09.2018, vgl. Anlage, der Antragsgegnerin mit:

‚Sehr geehrte Damen und Herren,
hallo Herr Dr. N[xxx],
wie besprochen wurde mit dem kontrollierenden Beamten Kontakt aufgenommen. Dieser bestätigte telefonisch, dass Herr XXX [der Bierausfahrer] die Aussage bezüglich der ‚Zuständigkeit‘ getroffen hat.‘ “

So bewertete das KVR die Lage rechtlich gegenüber dem Verwaltungsgericht beim Eilverfahren:

„Dem Antragsteller steht jedenfalls kein Anordnungsanspruch zu, da die erforderliche Zuverlässigkeit des Antragstellers im Sinne des § 3 Abs. 6 der Oktoberfestverordnung nicht vorliegt. Es liegen Tatsachen vor, welche die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller nicht die persönlichen Eigenschaften besitzt, welche für die Inhaberschaft eines Zufahrtskontrollbeleges erforderlich ist. Zu befürchten ist hier insbesondere, dass der Antragsteller aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Reichsbürgerbewegung [das wurde einfach dreist unterstellt, sogar ein gewisse Vorsicht in der Aussage signalisierendes ‚sogenannt‘ und Anführungszeichen sparte man sich! rbk]  und in diesem Zusammenhang durch sein gezeigtes Verhalten während der polizeilichen Kontrolle am 06. März 2017 nicht die Gewähr dafür bietet, die Vorschriften der Rechtsordnung einzuhalten und polizeilichen bzw. behördlichen Anweisungen und Anordnungen unverzüglich nachzukommen.“

Die Behörde deutete „erhebliche Gefahren“ an, die „von unzuverlässigen Fahrern auf dem Oktoberfestgelände ausgehen“, und behauptete eine solch nachteilige Eigenschaft bei ihm.

Das KVR verstieg sich sogar zu der folgenden unsinnigen und unwahren Unterstellung: „Der Antragsteller bekennt sich zur Reichsbürgerbewegung“.

Am 18. September erwiderte zügig der Antragsteller gegenüber dem Gericht und stellte vieles klar bzw. richtig.
Doch für einen Erfolg des Eilantragsverfahrens konnte es nicht ausreichen.

Am 20.09.2018 erließ das VG München einen ablehnenden Beschluß. Die Voraussetzungen für einen möglichen Erfolg der beantragten einstweiligen Anordnung seien nicht erfüllt. Es gehe letztlich nur um einen Gehaltsnachteil, der nicht existentielle Bedeutung habe. Sollte die Zufahrt letztlich doch zu Unrecht verwehrt worden sein, könne das im Rahmen der Geltendmachung etwaiger Schadensersatzansprüche nachträglich kompensiert werden.

„Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen ist eine abschließende Bewertung dazu, wie die Frage der Zuverlässigkeit des Antragstellers zu beurteilen ist, danach nicht möglich.“ (…)

„Es wäre vorliegend damit im Hinblick auf ein Hauptsacheverfahren gegenwärtig von offenen Erfolgsaussichten auszugehen, was für die Annahme eines Anordnungsanspruchs, da es um eine Vorwegnahme der Hauptsache geht, nicht ausreicht.“

Gegen diesen Beschluß wurde kein Rechtsmittel eingelegt, weil das sinnlos gewesen wäre. Der Verfasser dieses Blogbeitrags erläuterte dem Betroffenen jedoch, daß zwischen den Zeilen der Vorsitzende Richter einige günstig zu wertende Andeutungen machte, zum Beispiel hinsichtlich eines etwa noch vorzulegenden Arbeitszeugnisses, das die große Zuverlässigkeit bei seiner Berufsausübung untermauern könne. Der Bierfahrer entschloß sich also zur Einlegung der Klage am 05.10.2018 in der Hauptsache. Das nannte sich dann wie eigangs erwähnt Fortsetzungsfeststellungsklage und diente dazu, gerichtlich feststellen zu lassen, daß die Versagung des Zufahrtskontrollbelegs für die Wiesn 2018 durch die Landeshauptstadt München rechtswidrig war.

Er reichte ein hervorragendes Zwischenzeugnis seines Arbeitgebers von Mitte Oktober 2018 nach.

Die Beklagte reagierte am 3. Dezember mit einem 17-seitigen Klageerwiderungsschriftsatz.

Darin stand u.a. folgendes intellektuelle „Schmankerl“:

„Das Vorbringen des Klägers, er gehöre nicht der Reichsbürgerbewegung an, verfängt nicht und ist in keinster Weise geeignet, die oben aufgezeigten Belege für die Übernahme der Ideologie der Reichsbürgerbewegung zu entkräften.
Der Kläger trägt dazu vor, dass ‚der Begriff des Reichsbürgers klar durch ein verfassungswidriges Gesetz von Adolf Hitler aus dem Jahr 1935 definiert‘ sei. Die Alliierten hätten dieses Reichsbürgergesetz von 1935 aufgehoben.
Hierzu ist auszuführen, dass dieser Vortrag des Klägers nach Ansicht der Beklagten gerade dazu beiträgt, hier von einer Reichsbürgerzugehörigkeit des Klägers auszugehen.“

Am 7. Dezember erwiderte der Kläger ans Gericht hierauf bezogen wie folgt:

„Was allerdings ein ‚Reichsbürger‘ aus Sicht der Beklagten sein soll, erhellt sich aus der gesamten 17-seitigen Klageerwiderung nicht.

Es kommt aber noch schlimmer: Weil, völlig korrekt in historischer, rechtlicher und faktischer Hinsicht, der Kläger darauf verwiesen hat, dass der Begriff ‚Reichsbürger‘ von dem verfassungswidrigen und abzulehnenden sog. ‚Reichsbürgergesetz‘ von Adolf Hitler vom 15.09.1935 stammt, welches richtigerweise die alliierten Siegermächte mit dem SHAEF-Gesetz Nr. 1 aufhoben, wobei sie übrigens auch seine weitere Anwendung unter scharfer Strafandrohung untersagten, versteigt sich die Beklagte zu folgender unerträglichen Aussage: ‚Hierzu ist auszuführen, dass dieser Vortrag des Klägers nach Ansicht der Beklagten gerade dazu beiträgt, hier von einer Reichsbürgerzugehörigkeit des Klägers auszugehen.‘
Will die Beklagte damit ausdrücken, nur wer historische Fakten nicht kennt und/oder äußert, sei kein ‚Reichsbürger‘? Die Aussage bzw. Folgerung der Beklagten ist wirklich kafkaesk und übertrumpft beinahe das Original in Franz Kafkas berühmten Werk ‚Der Prozess‘. Die Aussage der Beklagten erinnert aber auch an die mittelalterliche Inquisition und Hexenverfolgung. Mit ähnlicher Argumentation hat man Frauen, die man als Hexen bezeichnete und denen die katholische Kirche vorwarf, sie stünden im Pakt mit dem Teufel, grausam-diabolischen Foltermethoden unterzogen. So wurden sie z.B. unter Wasser getaucht. Starben sie dabei, GALT das als Beweis für ihre Schuld und die Richtigkeit der Vorwürfe. Überlebten sie wider Erwarten zunächst, GALT das erst recht als Beweis. Denn so etwas konnte (vermeintlich) schließlich nur überleben, wer mit dem Teufel paktierte. Verweist man also auf die historische Herkunft und juristische Bedeutung des Begriffs ‚Reichsbürger‘, so beweist das aus Sicht der Beklagten, dass man einer sei. Interessant. Es bleibt zu hoffen, dass das Gericht diese völlige Entgleisung der behördlichen Argumentation gebührlich aufgreift und sich in der nötigen Schärfe damit befasst und von diesem groben Unfug distanziert.“

Und weiter:

„Was ist sonst zu sagen? Auch weiterhin wird das Geschehen der Befragung durch zwei Polizisten am 06.03.2017 völlig falsch dargestellt. Es bleibt zwingend nötig, beide seitens des Gerichts als Zeugen zu laden, nebst der Ehefrau, die zugegen war. Immerhin ist schon erwiesen, dass die Polizei zunächst den Eindruck erwecken wollte, es sei irgendwo passiert und als sei irgendeine andere Person involviert gewesen, während man nun einräumt, es sei, wie vom Kläger dargestellt, in der Tat an der Haustür und in Gegenwart seiner Ehefrau gewesen. Das aber kann nur der erste Schritt sein. Die Zeugen sind vom Gericht zu vereidigen und deutlich auf die Folgen eines Meineids hinzuweisen, denn der beantragte Zeuge POM XXX gab entweder die Unwahrheit von sich oder ihn täuscht sein Gedächtnis. Die Behauptung, der Kläger hätte am 06.03.2017 im Laufe des Gesprächs geäußert, er besitze keinen Personalausweis und er sei kein ‚Personal der BRD‘ ist unzutreffend und unwahr. Die Frau des Klägers kann dies bezeugen. Auch aus dem vom Kläger unterschriebenen Protokoll (6.3.17) geht dies nicht hervor, obwohl solch eine außergewöhnliche Aussage gewiss vermerkt worden wäre, da es sich eben nicht so zutrug, wie vom POM oder jedenfalls vom PP München behauptet. Es fällt auf, dass die Beklagtenstellungnahme (und evtl. auch die des PP München vom 27.11.2018 und/oder die vorher eingeholte der KPI YYY) keine Stellungnahme der POLIZISTIN erwähnt, die mit POM XXX den Kläger (und seine Frau) aufgesucht hatten. Es drängt sich der Verdacht auf, diese habe entweder etwas Entlastendes ausgesagt, oder aber sie wäre nicht dazu bereit gewesen, wahrheits- und pflichtwidrig Unwahres in einer Stellungnahme zu behaupten. Das würde unglaubliche Abgründe aufzeigen, bei POM XXX, nicht hingegen bei seiner Kollegin.

Jedenfalls ist es unerlässlich, auch die POLIZISTIN als (weitere) Zeugin zu laden.“

Sowie, bezogen auf die höchst mißbräuchliche Heranziehung des „Reichsbürger“-Begriffs:

Rechtsanwalt Lutz Schaefer formulierte es am 23. Juli 2018 auf seiner Webseite in folgender Weise so (Quelle: http://www.lutzschaefer.com/index.php?id_kategorie=8&id_thema=329): (…)“

Oder auch seine Entgegnung auf die Klageerwiderung abschließend:

„Die etwaige Unterstellung, vom Kläger ginge die Gefahr eines Terroranschlags per Lkw auf dem Oktoberfest aus, macht diesen fassungslos und sie wird entschieden zurückgewiesen.

Der Kläger hat unter seinen Kollegen auch solche muslimischen Glaubens. Diese erhielten vom KVR durchaus durchgängig die Genehmigungen als Bierausfahrer auf dem Oktoberfestgelände. Der Kläger hält dies für völlig korrekt. Denn man kann diesen nicht unterstellen, von ihnen ginge die Gefahr von Terroranschlägen mittels Lkw aus, nur weil in Nizza und am Breitscheidplatz in Berlin die Täter laut polizeilichen Ermittlungsergebnissen Muslime waren.

Doch auch dem Kläger darf Entsprechendes nicht unterstellt werden. Es darf ihm schon nicht unterstellt werden, er sei unzuverlässig oder potentiell gefährlich, nur weil er erstens einige unbequeme schriftliche Aussagen tätigte, nicht jedoch die ihm hauptsächlich vorgeworfenen bzw. die ihm angedichteten mündlichen, und weil er zweitens in eine Schublade mit Aufschrift ‚Reichsbürger‘ geschoben wird, in die er nicht gehört und bei der die Behörden nicht oder in keinster Weise ausreichend darlegen, was genau sie damit überhaupt meinen (siehe die 17-seitige Klagerwiderung). Der Klage ist nach alledem daher weiterhin stattzugeben.“

Am 18. April 2019 fand dann also die Hauptverhandlung vor dem Verwaltungsgericht München statt. Der Bierfahrer vertrat sich selbst. Seine Frau war unter der Handvoll Zuschauer (Bekannte und inhaltlich Interessierte).
Das Kreisverwaltungsreferat der Landeshauptstadt München hatte gleich drei Vertreter geschickt: einen promovierten Verwaltungsdirektor, eine Oberverwaltungsrätin und einen Verwaltungsrat.

Der Vorsitzende Richter führte in die Sache ein und machte relativ bald deutlich, daß nach seiner vorläufigen Einschätzung, er spreche noch nicht für die gesamte fünfköpfige Kammer, er beim Kläger keine ernstliche Unzuverlässigkeit oder Gefährlichkeit erkennen könne. Verwaltungsrechtliche waffenrechtliche Erwägungen könnten auch nicht einfach übertragend herangezogen werden. Auf die Ladung der Polizisten als Zeugen habe er vorerst verzichtet, da die vom Kläger ohnehin bestrittenen Äußerungen diesen gegenüber nicht so gravierend seien, daß diese, selbst wenn sie so getätigt worden sein sollten, seine rechtliche Sicht und Bewertung entscheidend verändern würden. Falls es doch noch nötig werden sollte, müsse man diese aber wohl noch laden. Auch wenn schriftliche Äußerungen des Klägers an das Landratsamt querulatorisch wirken mochten, so sei dies dennoch von der Meinungsfreiheit gedeckt. Eine konkrete, individuell zu belegende Unzuverlässigkeit dürfte nicht hinreichend von der Beklagten nachgewiesen worden sein. Der Kläger habe sich in seinem gesamten Berufsleben, soweit erkennbar, nicht das Geringste zu Schulden kommen lassen.

Die Verhandlung gewann dadurch an Charme, daß Kläger wie Vorsitzender mit deutlich oberbayerischen Dialekt sprachen. Man fühlte sich ein wenig an die uralte ZDF-Serie „Königlich-bayerisches Amtsgericht“ erinnert.

Er unterbrach dann kurz, und nun spätestens war die gesamte Kammer seiner vorläufigen Ansicht. Der Vorsitzende empfahl eine beiderseitige Erklärung „für erledigt“, was aber voraussetze, daß die Beklagte einräume, sich fehlverhalten zu haben. Dieses Eingeständnis eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes wurde – wenngleich wohl etwas zähneknirschend – von den KVR-Vertretern nach weiterer kurzer Unterbrechung akzeptiert.

In der Niederschrift dieser öffentlichen Sitzung landete somit dies:

„Der Vorsitzende teilt nach weiterer Erörterung mit, dass aus seiner Sicht hier wohl nicht davon auszugehen sei, dass in der Person des Klägers eine Gefahrenlage gegeben wäre, die die Nichtausreichung eines Zufahrtskontrollbelegs für 2018 auf der Grundlage der von der Polizei mitgeteilten Erkenntnisse (und unter Zugrundelegung der Sachverhaltsschilderung entsprechend den Angaben der Polizei) gerechtfertigt hätte.
Die Landeshauptstadt akzeptiert unter Zurückstellung gewisser Bedenken dies letztendlich und geht mithin nunmehr im Ergebnis davon aus, dass die Nichtausreichung des Zufahrtkontrollbelegs für 2018 rechtswidrig war.
Die Beteiligten erklären die Streitsache übereinstimmend für erledigt.

[vorgelesen und genehmigt]

Es ergeht folgender Beschluss:

I.   Das Verfahren wird eingestellt.
II.  Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
III. Der Streitwert wird auf XXX Euro festgesetzt.“

D.h. in der Konsequenz, für 2019 hat der Bierfahrer bei der bald anstehenden entsprechenden neuen Antragstellung seines Arbeitgebers beim KVR nunmehr allerbeste Aussichten, die Genehmigung für die Wiesn 2019 zu erhalten, sollte er nicht aktuell wirkliche, gänzlich neue Gründe für eine Versagung eines Zufahrtskontrollbelegs liefern, was er bestimmt nicht vorhat und machen wird. Abgesehen davon erhält er aufgrund der „Erledigt-Erklärung“ bei zugleich Einigung in der Kostenfrage einen großen Teil der vorverauslagten Gerichtskosten zurückerstattet.

Und für die als rechtswidrig eingeräumte Untersagung für das Jahr 2018 steht ihm im Zweifel die erfolgversprechende zivilgerichtliche Geltendmachung von Schadensersatz für erlittenen Minderverdienst offen.

Der Ausgang dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in der Hauptsache läßt doch die Hoffnung aufkommen, daß den Verwaltungs- und Exekutiv-Organgen wieder mehr Vernunft und Augenmaß beigebracht werden kann und wird, was die deplazierte unsägliche Hatz auf nur vermeintliche „Reichsbürger“ anbelangt.


[ Aktenzeichen:
M 22 E 18.4518
M 22 K 18.4956 ]

Von rbk